Rainer Metzger,
I like America - Fiktionen des Wilden Westens: Brauner Bär und weiße Taube
Hitler war ja bekanntlich Deutscher. Seit den Bemühungen der Romantiker ist vor allem auch Shakespeare Deutscher. Und letzlich sind ihrerseits die Indianer Deutsche. Das jedenfalls ist das Ergebnis der wunderbaren, weniger ästhetisch als ethnologisch ausgreifenden Schau der Frankfurter Schirn, die sich den "Fiktionen des Wilden Westens" hingibt.
"I like America" hat sich Kuratorin Pamela Kort als Titel ausgesucht. Das ist eine Anspielung auf jene Veranstaltung aus den wildesten Jahren der Westkunst, als Joseph Beuys sich in New York für drei Tage mit einem Coyoten einschloss und das Ganze "I like America and America likes me" nannte. Beuys war ja immer schon ein Deutscher, ein sehr Deutscher, und insofern bildet die Dokumentation seiner Performance in der Ausstellung den organischen Abschluss einer rundum vollzogenen Eingemeindung.
Seit Beginn der Wildwest-Begeisterung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten es die Nationen in der Prärie, in den Rockies und in der Wüste eher mit den Pionieren gehalten, und das New Frontier, das später auch die Filme als so unwiderstehlich verkauften, kam der Mentalität des Imperialismus sehr zupass. Die Deutschen dagegen, die bei der Aufteilung der Welt in Plätze an der Sonne mangels eigener Nation zu kurz gekommen waren, standen treu auf der Seite derer, die verteilt wurden. Karl May, dessen Arbeitszimmer im heimatlichen und im Grunde nie verlassenen Radebeul in Sachsen die Schau rekonstruiert, liefert da nur die Spitze der Silberbüchse.
Carl Hagenbeck, der Lustspielunternehmer, auf den der Hamburger Zoo zurückgeht und dem die Menschheit den Begriff "Völkerschau" zu verdanken hat, und kein geringerer als der Cultural Studies - Heros Aby Warburg, der sich in die Pueblos vergrub, verdienten sich hier nicht minder ihre Sporen. Und weil damals die Kunst sich noch der Natur verpflichtet fühlte, ist der malenden Forscher und forschenden Zeichner kaum ein Ende. Die Klein-Leonardos hatten sich auf die Fersen Alexander von Humboldts geheftet. Die unendlichen Weiten wurden romantisch kartografiert. Seither kennen Indianer bekanntlich keinen Schmerz und weinen tun sie auch nicht. Wer es nicht glaubt, darf sich Buffalo Bill anvertrauen, der im Jahr 1906 übrigens auch in Klagenfurt, Graz und Leoben gastierte.
All diese Fiktionen funktionieren, weil es Bilder dazu gibt. Und weil wichtig ist, was auf diesen Bildern drauf ist, kommt es weniger darauf an, wie gut sie sind. Meistens sind sie schlecht, schlecht gemalt, schlecht reproduziert, einfältig und propagandistisch. Aber sie haben eine Welt geschaffen, eine Neue Welt, eine Kinderwelt. Der Preis ist bekannt.
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I like America - Fiktionen des Wilden Westens
28.09.2006 - 07.01.2007
Schirn Kunsthalle Frankfurt
60311 Frankfurt am Main, Römerberg
Email: welcome@schirn.de
http://www.schirn.de
Öffnungszeiten: Di - So 11.00-19.00 Uhr, Mi - Sa 11.00-22.00 uhr
28.09.2006 - 07.01.2007
Schirn Kunsthalle Frankfurt
60311 Frankfurt am Main, Römerberg
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Öffnungszeiten: Di - So 11.00-19.00 Uhr, Mi - Sa 11.00-22.00 uhr