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Mark Dion - The Tar Museum: Wunderkammern des Todes

Tierpräparate, Skelette, biotopähnliche Arrangements, ökologische Arbeitstische, die vom Forscherdrang vergangener Tage erzählen sowie Schaukästen, die Naturalien und Artefakte zum Inhalt haben, gehören zum Blickfang seiner Shows. Seit Mitte der 1980er beschäftigt sich der Amerikaner Mark Dion mit der visuellen Repräsentation von Natur. In aufwändigen, mitunter theatralischen Settings legt er bloß, dass Natur eine kulturelle Konstruktion, eine Projektionsfläche menschlicher Vorstellungen ist. Naturkundemuseen als jene Stätten, an denen sich durch verschiedene Formen des Bewahrens, Klassifizierens und Tradierens die herrschenden Wissenschaftsideologien einer bestimmten Ära und damit die Ideen von Natur manifestieren, sind deshalb zum Dreh- und Angelpunkt vieler seiner Untersuchungen avanciert, ebenso deren Vorfahren, die Wunderkammern und Kuriositätenkabinette der Renaissance und des Barock. Auf letztere bezieht sich Dion aktuell in seiner Vitrineninstallation "Ruins of the Museum". Neben Zeichnungen, die in der Exaktheit der Linienführung und Wahl der Buntstifte (rot und blau) technische Skizzen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert zitieren und als grafische Kürzel seiner installativen Projekte funktionieren, sind es vor allem zwei Leitfäden seines Schaffens, die Dion hier kurzschließt: die Bedrohung der Umwelt und der Artenvielfalt als Folge von Kolonialismus und Industrialisierung einerseits und die Politik der Repräsentation andererseits. Der Ausstellungsrundgang gestaltet sich dabei als Parcours durch eine Art verknappte Kulturgeschichte der Zerstörung: Eingangs das geteerte Gerippe des in der letzten Eiszeit ausgestorbenen Höhlenbärs, im Zentralraum Imitate von Nagetieren, Reptilien und Wildvögeln. Auch ihre Körper sind mit Teer überzogen. Assoziationen zur Ölpest drängen sich auf und sind von Horrorvisionen begleitet. Denn im letzten Galerieraum regiert der Tod in Form pechschwarzer menschlicher Skelette. Indem Dion diese Versatzstücke in oder auf ihren jeweiligen Transportkisten ausstellt, macht er trotz aller Kritik an der profitorientierten Überstrapazierung und Zerstörung des Ökosystems deren Status als Artefakte, als Fetischobjekte deutlich. Das Motiv des Staunens und der Sensation, das den Wunderkammern einst eigen war, transferiert der Künstler somit in die aktuelle Ausstellungspraxis. Darüber hinaus zeigt er wie schon in seiner vorangegangenen Wiener Schau 2001, wie unvergleichlich souverän er es beherrscht, auf Recherche gründende reale Gegebenheiten zu thematisieren und gleichzeitig dem Bedürfnis des Publikums nach Netzhautkitzel entgegenzukommen.

Mehr Texte von Manisha Jothady

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Mark Dion - The Tar Museum
10.11.2006 - 13.01.2007

Galerie Georg Kargl
1040 Wien, Schleifmühlgasse 5
Tel: +43 1 585 41 99, Fax: +43 1 /585 41 99-9
Email: office@georgkargl.com
http://www.georgkargl.com
Öffnungszeiten: Mi-Fr 13-19
Sa 11-16h sowie nach Vereinbarung


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