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Imogen Stidworthy: Einstimmen auf die documenta

Der Countdown läuft. Bis zur Eröffnung der documenta 12 dauert es nur noch wenige Monate. Zwar hält documenta-Chef Roger Buergel bis auf vier Namen mit der Künstlerliste weiterhin eisern hinterm Berg. Gerade hier in Wien kann man sich allerdings ganz gut auf die Veranstaltung einstimmen - nicht nur, weil aus der Stadt etliche Künstlerinnen und Künstler herkommen, die, auch wenn die Katze noch nicht aus dem Sack ist, ebenfalls an der documenta teilnehmen werden (u.a. Gerwald Rockenschaub, Ines Doujak, Florian Pumhösl, wahrscheinlich auch Peter Friedel). Auch, weil Buergel in den letzten Jahren an Wiener Institutionen wiederholt das vorgeführt hat, was sich als eines der zentralen Themen seiner documenta herauskristallisiert: die Frage der Vermittlung und danach, wie weit der Anspruch auf Vermittelbarkeit in der Kunst überhaupt gehen kann. Neben der Generali-Foundation, wo er "Dinge, die wie nicht verstehen" präsentierte, war das insbesondere die Galerie Hohenlohe, deren künstlerisches Programm Buergel sowohl als Rezensent wie auch Eröffnungsredner mit Konstanz und Regelmäßigkeit unterstützte. Für eine von Hohenlohes Künstlerinnnen, deren docmenta-Teilnahme bereits offiziell bestätigt wurde, steht der Themenkomplex "Vermittlung" seit langem im Zentrum ihres Schaffens: die Liverpooler Video-Künstlern Imogen Stidworthy, 43. In dieser kleinen Personale zeigt sie eindrucksvoll, dass Kommunikation wohl am allerwenigsten auf dem Weg der Sprache funktioniert. Vielmehr scheint ihr das Scheitern eingeschrieben zu sein - im Gegensatz zum Ausdruckspotential von Stimme, Gestik, Bewegung, auch Schrift. Deutlich demonstiert das ihre auf einem Video- und vier Audio-Kanälen gespielte Arbeit "Substitutes", 2002: In hallender Umgebung rezitieren da zwei halbwüchsige Rumänen im Fußballdress ihrer Nationalmannschaft eine melancholische Volksweise, deren eingeblendete Schriftfassung voller persönlicher Anmerkungen und Zusatznotizen ist. Ihr Gesang wird überlagert von gemurmelten Sprachfetzen in englischer, rumänischer, französischer, russischer und arabischer Sprache: Auch in der Summe fügen sich die Eindrücke weniger zum überschaubaren Ganzen als zu einer sehnsuchtsvoll aufgeladenen atmosphärischen Textur. Wie ein nur teilweise auf Sprache basierender Dialog aussehen kann, führt Stidworthy mit einer frühen Synchron-Projektion aus 1996 vor: "To" dekonstruiert auf zwei Monitoren die Begegnung zwischen zwei in einem Raum befindlichen Personen: einer Frau und ihrem alten Vater. Nackt vor einem Kamin sitzenend, bringt er bedächtig eine Erzählung vor, während sie auf dem anderen Schirm impulsiv einen Text in eine Schreibtisch hämmert. Unklar bleibt, worum es in diesem Text geht, ob er Kommentar, Niederschrift oder etwas ganz anderes ist. Denn die Einfachheit der Konstellation steht in vibrierendem Gegensatz zur Offenheit und Vielschichtigkeit dieser Begegnung. Ganz auf die Sprache verzichtet Stidworthy in ihrer neuesten Arbeit "7 AM", 2005. Wie ein Genrebild hält es die Morgengymnastik der Pekinger Bevölkerung im Pekinger Tian Tan Park fest, weg von den Akteuren wird die Aufmerksamkeit auf visuelle und akustische Details und Nebenvorgänge gelenkt. Viel von ihrer Subtilität verliert die Arbeit durch die Entscheidung, sie auf einem der neuerdings leider in Mode gekommenen Flachbildmonitor auszustrahlen.
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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Imogen Stidworthy
15.11.2006 - 10.02.2007

Galerie Hohenlohe
1010 Wien, Bäckerstrasse 3
Tel: +43 1 512 97 20, Fax: +43 1 512 74 19
Email: galerie@galeriehohenlohe.at
http://www.galeriehohenlohe.at
Öffnungszeiten: geschlossen


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