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Man sieht sich zweimal

Zu seinem selbstverständlich größten Bedauern hat der Verfasser dieser Glosse seinen Hauptwohnsitz von Wien weg verlegen müssen. Nun blickt er auf das Geschehen in unser aller Leib- und Magen-Stadt von aussen, doch immerhin hat er ein Motto mit sich genommen, das nur in der kaiserlichen Residenzstadt mit seiner ungebrochenen Mentalität der Courtoisie und des Intrigantentums reifen konnte. Man sieht sich immer zweimal im Leben, lautet das Motto, und das Hackl kann schön geschliffen werden, bevor er einem wieder über den Weg läuft, dem es ins Kreuz gehört. Geduld lautet die erste Höflingstugend, und die Rache ist dann um so süßer. Nun hat also der Staatssekretär Morak dem Deichtorhallenchef Fleck das Amt des Biennale-Kommissärs in Venedig für 2007 übertragen. Zur Erinnerung, das ist der, den Oliver Marchart, des Liebäugelns nach rechts unverdächtig, in der Zeitschrift "Jungle World", ebenso unverdächtig, Ausgabe vom 16. Februar 2000, folgendermaßen beschrieben hatte: "Der ehemalige Bundeskurator für bildende Kunst, Robert Fleck, nimmt auf der Blockade-Skala die radikalste Position ein. Fleck, für den die FPÖ `eine der härtesten faschistischen Formationen Europas` und `direkte Fortsetzung der Nationalsozialistischen Partei` ist, fordert einen lückenlosen Boykott der österreichischen Kunstinstitutionen, bricht seine kuratorische Arbeit in Österreich sowie die entsprechenden Austauschprogramme der von ihm geleiteten Kunsthochschule in Nantes ab und sucht um die französische Staatsbürgerschaft nach." Dieser Fleck macht nun die Arbeit austriakischer Repräsentanz, und des Staatssekretärs Rache ist augenscheinlich besonders süß. Allein, dass Morak offenbar damit gerechnet hat, dass sich ein Kommissär schwerlich etwas Gutes tun wird, wenn er seinen Vorzeigekünstler aus dem Stammpersonal jener Galerie rekrutiert, für die er einst gearbeitet und über die er seine Doktorarbeit verfasst hat. Morak hat Fleck nach sechs Jahren wieder getroffen, und er hat ihn buchstäblich angeschwärzt. Wenn jetzt die SPÖ kommt und Matt Superminister fürs Kulturelle wird, dann steht der neuen Regierung ein ewiges Talent weniger zur Verfügung. Fleck ist unmöglich gemacht. Und wenn sie ihn doch nehmen bei den Roten, dann hat Morak sich vorab auch schon bei ihnen gerächt. Morak wollte mit seiner Bestellung alles richtig machen. Das ist ihm, österreichisch gesehen, voll gelungen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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