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Angewandt zeitgenössisch

Generaldirektoren, Geschäftsführer und sonstige Betriebsleiter müssen des öfteren feststellen, daß das Produkt, das sie planen, und der Name, den sie dafür einbürgern wollen, nicht ganz zusammenpassen. Es gibt dann zwei Möglichkeiten. Zum einen kann man gleich Hand an den Namen legen und für etwas, das zum Beispiel einmal "Halbpreisticket" hieß, das Wort "Vorteilscard" einführen; daß man dann statt der Hälfte 55 Prozent für einen Fahrschein zu zahlen hat, läßt sich sogleich als notwendige Anpassung der Realität an den Begriff verkaufen. Zum anderen kann man Hand an die Wirklichkeit legen und paßt ihr dann das Label an. Diese Variante wird im momentan vom österreichischen Museum für Angewandte Kunst vorgeführt. An die Fersen des Altvertrauten hat sich hier seit kurzem die Brandaktualität geheftet: "Museum für Angewandte/Zeitgenössisches Kunst" liest man jetzt auf Hauspost und Homepage oder, damit es auch jeder versteht: "Applied Art/Contemporary Art". Nun läßt sich das Haus am Stubenring auf eine Kurzformel bringen, um die es die ganze Welt beneidet und die man nicht einfach so aufgibt. MAK, das klingt nicht nach dem dumpfen Geschmack aber nach der weltweiten Präsenz eines faschierten Leibchens. MAK, das klingt nach der ökonomischen Klugheit der Schotten. MAK, das klingt nach Sympathie, weil man es mit "mögen" assoziiert, und hat doch etwas Appellativeres und Draufgängerischeres, weil an seinem Ende ein harter Konsonant Einzug gehalten hat. MAK klingt, mit einem Wort, verführerisch. Und doch trifft es nicht mehr so ganz das Richtige. Peter Noever, der Big vom MAK, hat nie ein Hehl aus seiner Meinung gemacht, daß "die zentralen Gestaltungsfragen in der Kunst passieren". Entsprechend kontemporär gab sich seine Ausstellungspolitik von vornherein, und jetzt, da das Museum moderner Kunst in den wohlverdienten Status einer Bauruine eingetreten ist, hat das MAK auch noch eine Art von staatlichem Monopol darauf. Also "Contemporary Art". Etwas schüchtern kommt es noch daher, als Unterzeile beim Logo und bevorzugt auf englisch, wo keiner merkt, was die Abkürzung MAK eigentlich heißt. Doch das wird sich noch geben. Wir sehen schon die Überschrift: "Das Wiener MAZK - unaufhaltsam auf dem Weg in die Zukunft."

Mehr Texte von Rainer Metzger

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