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Die Idomeneo-Falle

Ich darf hier nur ein paar Idomeneo-Gedanken äußern: Die Freiheit der Kunst ist keine Einbahnstrasse. Wenn eine Intendantin aus welchen Gründen auch immer ein Stück vom Spielplan absetzt, steht ihr dies einmal prinzipiell zu - denn sie ist eine gewählte oder ernannte Repräsentantin ihres Kunstinstituts. Es wurden schon hunderte Opern und Theaterstücke aus den verschiedensten und/oder nichtigsten Gründen abgesetzt. Im vorliegenden Fall z.B. wurde die Intendantin von einem zuständigen Politiker vor einer Aufführung gewarnt. Nach dem Karikaturenstreit und dem Benedikt-Sager war sie wahrscheinlich gut beraten, das Stück vorerst vom Spielplan zu nehmen. Ob dies jetzt Feigheit war, Angst, Islamphobie, vorauseilender Gehorsam oder was auch immer. Denn wenn etwas passiert wäre, es hätten sie die Politiker und die Mehrheit der Medien in der Luft zerrissen. Jetzt haben wir in Wien einen Kulturstadtrat, der aus hoffentlich nicht vorwahlig zielgruppenschielenden Gründen so absageempört ist, dass er Idomeneo unbedingt in der Berliner Neuenfels-Fassung in Wien ansagen möchte. Daher sollten wir jetzt schnell und unaufgeregt beginnen darüber nachzudenken, ob ein nicht gerade wegen seiner Tapferkeit und Toleranz bekanntes Volk, das noch dazu in einer entscheidungsunfähigen Staatengemeinschaft integriert ist, einen Kulturstadtrat braucht, der spontan und fast schon selbstherrlich kurzfristig etwas anbietet, dessen Tragweite derzeit in keiner Entscheidungsphase abzusehen ist. Sollte allerdings nach ausführlicher Diskussion eine repräsentative Entscheidungsrunde, wie immer die aussieht, zur der auch politisch abgesegneten Überzeugung kommen, dass die umstrittene Fassung der Idomeneo in Wien aufgeführt werden soll, dann soll sie es auch - und zwar ohne wenn und aber und ohne vorher zu zittern oder nachher vielleicht zu jammern. Und da es weit und breit keine mutigen Entscheidungsträger sondern nur politische Bedenkenträger gibt, wird?s wahrscheinlich nix werden mit dieser Idomeneo. Schade eigentlich.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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