Werbung
,

Klartext Berlin: Diesmal leider nicht

Seit der "Kunstraum Niederösterreich" vor einem Jahr mit neuen Ausstellungsräumen ins Palais Niederösterreich in der Herrengasse eingezogen ist, hat er sich bemerkenswert rasch die Aufmerksamkeit der Wiener Kunstszene gesichert. Mit kluger Programmarbeit gelingt es dieser "Landes-Galerie", das Schaffen junger niederösterreichischer Künstler in sichtbaren Zusammenhang zum zeitgenössischen internationalen Kunstgeschehen zu setzen - fernab jeglicher Kirchturmpolitik. Ein wichtiger Baustein dafür sind die Bestandsaufnahmen europäischer Szenen. Nach einer spannenden Ausstellung über die junge Prager Szene im Frühjahr 2006 ist nun Berlin an der Reihe. Unter dem Motto "Klartext Berlin" hat Kurator Raimar Stange zwölf in Berlin lebende internationale KünstlerInnen dafür ausgewählt. Der Gemeinsamkeit, dass sie alle in den ausgewählten Arbeiten in irgendweiner Weise mit Sprache arbeiten, versucht Stange durch das Prinzip "Pärchenbildung" Rechnung zu tragen. Entsprechend soll etwa in einer gleich beim Eingang errichteten Koje Carsten Nicolais Textserie "Noms de Guerre", die in ihrer Strenge und Präzision an experimentelle Lyrik gemahnt, mit den politisierten, aus Buttons, Badges und Fotografien zusammengesetzten Objektcollagen von Christina Würmell in einen Dialog treten. Oder, an der Rückwand des Einbaus, eine Soundarbeit von Carla Ahlander mit einer aus Tonträgern, Pop-Plakaten und Segmenten einer Bühnenarchitektur bestehenden Installation des Norwegers Oystein Aasan, der seinerseits wiederum mit einer witzigen Mini-Collage auf ein wandfüllend aus pseudo-modernistischen Zeichen komponiertes Graffiti von Alexander Wolff/Christian Mayer reagiert. In der Summe - insgesamt kommt es zu sechs derartigen Konfigurationen - wirkt die Gruppenbildung überaus angestrengt und verkrampft. Besonders schmerzlich: die fast nahtlose Nebeneinanderschau zweier Video-Arbeiten: Sowohl Gernot Wielanders poetisch-versponnene Trickfilm-&-Objekt-Installation "Oxygen is Odourless" als auch Asta Grötings in "Arbeiter Lehrer Unternehmer"-Piece, das seine Komik aus dem trockenen Festhalten an den Methoden der Feldforschung zieht, hätten mehr Raum verdient. Auch wenn darüberhinaus kleinere Arbeiten einiger bekannter, zur Zeit in Berlin lebender Künstler wie Candice Breitz, Jonathan Monk oder des 2002 bei einem Flugzeugunglück verstorbenen Michel Majerus eingestreut sind: einen wenn auch noch so ausschnitthaften Einblick in die Berliner Szene gewährt die Ausstellung nicht. Statt dessen steht sich der Kurator mit der von ihm auferlegten konzeptuellen Strengen selbst im Weg.
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Klartext Berlin
06.10 - 23.12.2006

Kunstraum Niederoesterreich
1010 Wien, Herrengasse 13
Tel: +43 1 90 42 111, Fax: +43 1 90 42 112
Email: office@kunstraum.net
http://www.kunstraum.net/de
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-19, Sa 11-15 h


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Strenge
raimar stange | 06.11.2006 10:34 | antworten
soviel strenge, liebe johanna hofleitner, muss dann aber doch sein: es handelt sich um eine arbeit von olaf nicolai. konzeptionelle grüße, raimar stange ps: wo haben sie bei oystein aasan pop-plakate gesehen?....

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: