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Neue slowakische Kunst: Wir sind das Volk

Vor zehn Jahren, als sich jeder fragte, warum das so reibungslos gegangen war mit der deutschen Wiedervereinigung, da erzählte man unter den vielen Geschichten zur Erklärung auch die Anekdote mit der Hyäne, die es in den seligen Zeiten der DDR einmal auf der Großen Dresdener Kunstausstellung zu sehen gab. Der Maler, der sie auf die Leinwand brachte, war einfach begeistert von der Sorte Tier und sein Gemälde eine Art Hommage, ganz ohne Hintergedanken. Als Walther Ulbricht über das Gelände spazierte, ließ er das Werk gleichwohl entfernen. Er konnte nicht anders als sich gemeint fühlen angesichts des Aasfressers. Die Autokraten, so lernte man damals, sind sensibel, was die Subversion angeht, und beim Ästhetischen wittern sie von vornherein den Umsturz. In der Kunsthalle Exnergasse zeigt man gerade eine Ausstellung, die ?Neue? Slowakische Kunst betitelt ist. Das ?Neu? ist relativ, denn die früheste Arbeit, geschaffen von einem gewissen Imrich Weiner Kral, stammt von 1936. Und doch hat das Adjektiv seine Berechtigung: Das Innovative, das die Exponate zu verkörpern suchen, lässt sich weniger im Formalen als im Politischen greifen. Die Kunst sucht eine ?neue? Welt zu beschwören, und die liegt allemal jenseits des Status Quo. Was vor dem Krieg noch als Utopie daherkommt, untergräbt in der CSSR nolens volens dann die Autorität. Julius Koller hat in den Sechzigern ein Glas Wasser auf den Sockel gestellt, und das reicht, um avantgardistisch und dissident und ordnungsuntergrabend zu sein. Die Ausstellung, die zusammen mit der Staatsgalerie von Banska Bistrica ins Werk gesetzt wurde, fragt insgesamt nach den Positionen des Gegengesellschaftlichen. Und sie tut sich leicht. Man brauchte nur fern zu sein von jedem glücklichen Arbeiter samt angeschlossenem sozialistischen Realismus: Das paranoide Altersheim der Nomenklatura reagierte instinktiv wie der Genosse Spitzbart auf der anderen Elbseite. Man brauchte nur ein bisschen zu arbeiten wie die Conceptual Art des Westens, und das auch noch mit zwanzig Jahren Verspätung: Schon schwelgte man in Opposition. Wenn die Welt nicht so fürchterlich trist gewesen wäre, in der die Künstler leben mussten, wir Heutigen müssten sie glatt beneiden
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Neue slowakische Kunst
17.01 - 24.02.2002

KEX Kunsthalle Exnergasse
1090 Wien, Währinger Straße 59, 2. Stiege, erster Stock
Tel: +43 (0)1 401 21-41 oder +43 (0)1 401 21-42, Fax: +43 (0)1 401 21-67
Email: kunsthalle.exnergasse@wuk.at
https://www.wuk.at/kunsthalle-exnergasse/
Öffnungszeiten: Dienstag - Freitag 13:00 - 18:00,
Samstag 11:00 - 14:00 Uhr


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