Werbung
,

Merz: Modelle zur Welterfassung

Merz, ein Zufallswort wie zuvor Dada, entstanden aus einer Collage zu deren Herstellung ihr Urheber Kurt Schwitters Zeitungspapier verwendet hatte. Der magische Dingzauber des Dadaismus erreichte in seinem Werk einen Höhepunkt, der über Dada als polemische Bürgerschreckbewegung weit hinausging. Im Merzbau, den der Universalkünstler wie seine Bilder aus Restbeständen des Alltags fertigte und den er allen widrigen Umständen zum Trotz dreimal begann, manifestierte sich schließlich seine Vorstellung vom Gesamtkunstwerk. Inwiefern "Merz" zeitgenössischen Kunstschaffenden als Inspirationsquelle dient, lässt sich nun anhand zwölf ausgewählter Positionen nachvollziehen. Gavin Wade hat gemeinsam mit Simon und Tom Bloor seinen "Merzkiosk" in der Bregenzer Inselstraße installiert. Die Künstler greifen damit die Idee vom Merzbau als begehbare Plastik auf. Eine Plastik, die ihrem Wesen nach unfertig, dem ständigem Wandel unterworfen ist und Dynamik erhält durch die Menschen, die sich in ihr bewegen. In einem Container im Innenhof des Magazin 4 dokumentiert ein Video von Al Fahdil dessen irakisches Zuhause. Der Künstler lenkt die Wahrnehmung jedoch nach innen, indem er bewusst macht, wie das Leben in Zeiten des Krieges den Alltag verformt. In Paul Eachus und Rob Voermans Installationen wird das "Merzen" als Akkumulation sämtlicher erdenklicher Materialien besonders evident. Allein der Konsequenz des Gestaltens an sich, dem Beziehungschaffen zwischen den einzelnen Komponenten, scheinen diese Arbeiten verpflichtet. Gemeinsam ist dem Gutteil der Exponate die Verwendung von sperrigen Materialien, das Prinzip der Collage, des Sampelns, der Montage. Gemeinsam ist ihnen auch der Hang zum Zufälligen, Fragmentarischen, Chaotischen und mitunter Desaströsen. Anne Hardys inszenierte Fotografien zeigen verlassene, verwahrloste, klaustrophobisch und bedrohlich anmutende Innenräume - Orte seltsamer privater Obsessionen, Horte subversiver Gedanken. Anna Fasshauer und Lee Holden dringen in den medienpolitischen Raum vor, analysieren die Omnipräsenz, die Manipulationskraft sowie das zerstörerische Potenzial massenmedial vermittelter Bilder. Nooshin Farhid sampelt in diesem Sinne rigoros Found Footage aus dem TV und unterzieht derart Blickkonventionen einer Neubewertung. Seiten aus Büchern und Zeitschriften vermengt Laura Emsley zu einer Masse, die sie zu fossilen Gebilden und Höhlen formt - als ließe sich das Verständnis von Welt, ein Gesamtweltbild, nur von ihrem Anfangspunkt bzw. ihren Urformen aus ergründen. "Merz ist ein Standpunkt, den jeder benutzen kann", schrieb Schwitters 1926 in sein erstes Merzbuch. Ein Standpunkt, so zeigt diese Schau auf eindringliche Weise, von dem aus sich kritische Kommentare, individuelle Weltentwürfe und Bewältigungsstrategien entwerfen lassen.
Mehr Texte von Manisha Jothady

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Merz
22.07 - 24.09.2006

Magazin 4
6900 Bregenz, Bergmannstraße 6
Tel: +43 / 5574 / 41 01 51 1, Fax: +43 / 5574 / 41 01 50 0
Email: mail@magazin4.at
http://www.magazin4.at
Öffnungszeiten: Mi-Fr 16-19, Sa, So 12-16 h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: