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Ken Lum - New Works: Wer spricht?

Eigentlich hätten die die Eröffnung von Ken Lums 180 Meter langer Newsroom-basierter Installation in der Karlsplatz-Westpassage und seine dritte Einzelausstellung bei Grita Insam synchron stattfinden sollen. Allerdings sind die Bauarbeiten in der Westpassage noch nicht abgeschlossen. Und so bleibt die sommerliche One-Man-Show in seiner Wiener Stammgalerie ein singuläres Ereignis, das sich allemal selber trägt. Lum setzt, wie schon in früheren Arbeiten, ganz auf die Kombination von fotografischem Image in einer Bildhälfte und Text-Bild-Kombination in der anderen. Mehr als in früheren Arbeiten lässt er den sechs, farblich in sich perfekt abgestimmten Querformaten diesmal geradezu (Tafel-)bild-Charakter zukommen, was eine Rückkopplung mit den diesem Zyklus eigenen extremen Gefühlsinhalten erzeugt. Da geht es um Wut, Trauer, Gewalt, aber auch kindliches Staunen, Mutterliebe, Teenagerhass. "Oh God, I`m so sorry I`m so sorry I`m so very sorry I didn`t mean it Oh God, I`m sorry I didn`t mean it I`m so sorry." Auf diese Klage stößt der Besucher unmittelbar nach Betreten der Galerie. Es ist der in weißen Typen auf blauen Grund geschriebene Text, den Lum mit dem Bild einer in der Tür heulenden jungen Frau kombiniert. Unklar bleibt, wem der Text zugewiesen ist, ob der Teenager Opfer oder Täter ist. Ganz anders dann die Szene einer dick in einen Wintermantel eingepackten Schwarzen an einer Brüstung vor dem Louvre: "I can`t believe I`m in Paris. I just can`t believe I`m in Paris". Der Text in der rechten Bildhälfte erzählt von der kindlichen Freude einer Erwachsenen. Das letzte der sechs Sujets ist definitiv das stärkste: fast zu verschämt überm Stiegenabgang gehängt zeigt die Tafel eine brutale Vergewaltigungsszene unter Halbwüchsigen. Pikanterweise ergänzt Lum dieses Foto um eine in lüsternem Fleisch-Rosa gehaltene Schrifthälfte: "Hey, that`s not funny! That`s not funny! Hey, come on, hey ?." Offen bleibt auch hier, wer hier spricht. Was die im Grunde prima vista total redundant konzipierte Schau ausmacht, ist Lums Agieren auf mehreren Ebenen: Da ist einmal der plakative Umgang mit Bild und Text, der in krassem Gegensatz zu den subtilen inhaltlichen Zwischentönen steht. Dann die für ihn typische, immer wieder spannende Auslotung der Anwendungsmöglichkeiten von Fotografie und Medien. Und schließlich der ganz klassische Verweis aufs Tafelbild, und damit in letzter Instanz auch auf die Malerei als ältestes aller Bild-Medien.
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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Ken Lum - New Works
08.08 - 08.09.2006

Galerie Grita Insam
1010 Wien, An der Hülben 3
Tel: + 43 1 512 53 30, Fax: +43 1 512 5330 15
Öffnungszeiten: geschlossen


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