
Grey Zones: Nicht faul genug
Waren Jugoslawien und Rumänien gleichermaßen "totalitäre Staaten"? Und falls ja, hat das ähnliche Auswirkungen auf die Methoden künstlerischer Produktion gehabt? Dass soziale Prozesse und vor allem solche, bei denen es um Herrschaft und die Strategien geht, sie zu unterlaufen, im Zentrum der Werke stehen, gibt dieser Kategorisierung Recht. Andererseits steht sie aber (als Spezifikum) sicherlich den Bemühungen im Weg, der Kunst aus den CEE-Staaten ihren Platz in der (allgemeinen) Kunstgeschichte zu verschaffen. In diese Richtung wird auch an der GFZK in Leipzig seit Jahren recht erfolgreich gearbeitet.
Mladen Stilinovic erfüllt locker beide Ansprüche: Er liegt in einer mehrteiligen Schwarzweiß-Fotoserie auf dem Bett, daneben ein Manifest: "Ein Loblied auf die Faulheit" (1993). Seine Erfahrungen mit den verschiedenen politischen Systemen resümierend, fragt er rhetorisch, warum es in der westlichen Welt keine Kunst mehr geben könne. "Die Antwort ist einfach: Die KünstlerInnen im Westen sind nicht faul." Inaktivität, Ziellosigkeit, Nutzlosigkeit gehörten wesentlich zur Kunst und müssten perfektioniert werden. Dieser unter "totalitären" Bedingungen entwickelte Ansatz scheint auch auf gegenwärtige Zeiten des Selbstmanagements übertragbar.
Jirí Kovanda hat sich ebenfalls in verschiedenen Aktionen diese ausgeruhte Haltung zu eigen gemacht und sich z. B. dabei fotografiert, wie er darauf wartet, dass ihn jemand anruft (1976). Was diese Arbeiten wie die von Sanja Ivekovic und Ion Grigorescu zu Klassikern macht, ist, dass sie zugleich die Mechanismen des kollektiven Gedächtnisses wie auch jene der künstlerischen Bildfindung hinterfragen. Dagegen haben es neuere Werke immer schwer. Zwar thematisieren auch die großen Farbfotos von Katerina Sedá Schnittstellen von Privatheit und Öffentlichkeit. Sie hat Menschen vor ihren Fenstern fotografiert, hinter denen diese bewusst zur Schau gestellte Dinge für die Außenwelt präsentiert hatten. An jene feine und zugleich direkte Vermittlung von öffentlichem Geschehen und individuellen Prozessen kommt sie aber kaum heran.
Das Beistelltischchen von Michael Moravcik, dessen drei Bretter von den Buchstaben "Which/ Nationalism/ is better?" durchlöchert sind, überzeugt in seiner genialen Plumpheit schon eher. (Man denke eben nicht nur an die Balkan-90er). Der Einfluss der frühen CEE-Postmoderne aber ist unverkennbar. Und damit das Ausstellungsziel erreicht.

20.05 - 13.08.2006
GfzK - Galerie für zeitgenössische Kunst
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