Ursula Maria Probst,
Milica Tomic - Dossier: Diesseits der Identitätsfahndung
Es gibt Bilder, die man nie vergißt. Die Werke von Milica Tomic zählen dazu. Welche Wunden eine politisch und kollektiv verordnete Identität schlägt, visualisiert die Belgrader Künstlerin in der Videoinstallation \
Ich bin Milica Tomic\(1998). Der internationale Durchbruch ist ihr damit geglückt. Dementsprechend hoch ist die Erwartungshaltung gegenüber der aktuellen Ausstellung. Der Titel \Dossier\spielt auf verschiedene Stadien der Entstehung - auf ein \work in progress\an. Milica Tomic\s Fotografien und Rauminstallationen kreisen weiterhin um die Themen Identität, Nationalität, politische Gewalt und kulturelle Herkunft. Den Umkehrschluß, daß der kollektive Körper einer Nation sich auch in individuellen Ritualen niederschlägt, zeichnet Tomic durch Phänomene der Populärkultur nach. In einer Serie von Fotografien treffen wir auf Dragana Mirkovic, den Superstar des Turbo-Folks. Globale Einflüsse, wie orientalische Sounds, nordafrikanische RAI-Musik und Sampler aus der Techno-Dance-Szene verschmelzen im Turbo-Folk zu einem serbischen Musikgenre. Zeitgleich zum internationalen Embargo entstand so in Ex-Yugoslawien ein lokales Produkt, das als kultureller Pool für politische, aber auch nationale Identitätsstrukturen fungiert. Auch in Österreich ist Mirkovic bei der serbischen Community äußerst beliebt. Während der Aufbauarbeiten der Videoinstallation zur Künstlerhausausstellung \Du bist die Welt\bittet Tomic jene Menschen auf die Bühne, die ansonsten unsichtbar bleiben: Frauen, die als Reinigungspersonal arbeiten und euphorisch zum Gesang ihres Idols zu tanzen beginnen. Ein subjektiver Blick durch die Kamera, der sich weniger auf konktete Objekte, als auf die ausströmenden Emotionen konzentriert, fängt diese Szenen ein. Die gemeinsam mit Roza El-Hassan in der Ursula Blickle Stiftung ausgeführte Performance \Thinking about Overpopulation\wird durch Diaprojektionen als Rauminstallation präsentiert. Milica Tomic schlüpft durch verschiedene Kleidungsstücke in die Rolle von Emigrantinnen. Subtil öffnet Tomic durch ihre Interventionen jene überlebensnotwendigen Randzonen, die für eine Subjektivierung von Geschichte noch übrig sind.
Mehr Texte von Ursula Maria Probst
Milica Tomic - Dossier
29.05 - 09.09.2001
Charim Galerie
1010 Wien, Dorotheergasse 12
Tel: +43 1 512 09 15, Fax: +43 1 512 09 15 50
Email: info@charimgalerie.at
http://www.charimgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa: 11-14h
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