Teilen
Auf der Barockbaustelle
Damals, 1330, musste man mangels Wasser mit Wein löschen. Nur so waren die Tafeln des "Verduner Altars", des wichtigsten Kunstschatzes des Stifts Klosterneuburg, vor dem verheerenden Feuer zu bewahren. Heute ist alles anders: Der Verduner Altar ist konservatorisch korrekt in der Stiftsschatzkammer präsentiert, den Wein gibt es, wie sich´s gehört, in der Vinothek.
Eine Tour zum Stift Klosterneuburg war bisher ein Ausflug in ein leicht vermufftes Flair, an dem zumindest die letzten dreißig Jahre spurlos vorübergegangen zu sein schienen. Wer dieser Tage das Areal betritt, erlebt es völlig verändert. Nach dem von Heinz Tesar gestalteten ersten Bauabschnitt eines Biomasse-Heizwerks und einer im Abhang versteckten Busgarage ist nun auch die Innengestaltung nach Plänen von Georg Driendl abgeschlossen. Prunkstück ist die unvollendete barocke Sala Terrena, die erstmals zugänglich ist. Der Eingangsbereich des von Karl VI. geplanten "österreichischen Escorial", an dem weder seine Nachfolgerin Maria Theresia noch das Stift selbst Interesse hatten, präsentiert sich in überwältigender Unmittelbarkeit als barocke Baustelle mit unverputztem Ziegelmauerwerk, vor das schon die pfeilertragenden Atlanten von Lorenzo Mattielli gesetzt wurden. Nach Zwischennutzungen u. a. als Weinkartonagenlager wurde nun vieles entfernt und im Gegenzug leichte gläserne und metallene Treppen und Podeste eingezogen. Lichtbänder bringen die historische Bausubstanz dezent in eine zeitgemäße Wahrnehmungssituation. Eine neue Freitreppe in Richtung Donau verbindet die prunkvolle Anlage mit der Gegenwart. Jeder Anflug einer "Historyworld" ist in Architektur und Vermittlung vermieden.
Auch im sakralen Kontext ist es keineswegs ehrenrührig, die Kombination von Wein, Kunst und Architektur zu vermarkten. Die neue Präsentation wird der Bedeutung des Stifts gerecht und ist zur Gänze gelungen. Schade nur, dass die im Vormärz von Josef Kornhäusel gestaltete Stiftsbibliothek auch weiterhin unzugänglich ist.
www.stift-klosterneuburg.at
Mehr Texte von Iris Meder †
 |
|
|
||||||||||
|
||||||||||||
