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Klaus Mosettig - Processual Minimalism: Standpunktfrage

Im Rahmen der 4viertel-Projekte im Wittmannschen Schauraum haben sich Künstler immer wieder anregen lassen, auf die Passagensituation mit den langgezogenen gläsernen Schaufensterfronten mit Interventionen zu reagieren, die das "Schauen" zum Thema haben. Christian Hutzinger etwa oder Adriana Czernin haben die Glasscheibe als Bildgrund für Malerei respektive Zeichnung verwendet. Markus Schinwald hat mit einer Stoffinstallation ein Spiel über das Schauen, aber auch den Schutz vor dem Blick der Passanten in Gang gesetzt. David Moises wiederum hat den Außenraum vor dem Geschäft besetzt. Klaus Mosettig hat sich nun als erster dem Raum über die Funktion angenähert und mit seiner Arbeit auf die Gegebenheiten Helligkeit, Tageslicht, die Möglichkeit des natürlichen Lichtzyklus reagiert. Aber nicht pflanzliche Züchtungen, mit denen er sich seit etlichen Jahren beschäftigt, sind das zentrale Thema dieser Präsentation (eine Wandarbeit und Lichtboxen davon werden zusammen mit einigen großformatigen Zeichnungen ergänzend in einem abgetrennten Teil des Schauraums gezeigt), sondern Tiere. Genau genommen ein Waldameisenhaufen, der in einem großen, an der Oberseite offenen Plexiglaswürfel vom Wald in den Schauraum transloziert wurde. Über vier Röhren, jede knapp einen Meter lang, ist der zentrale Kubus mit vier weiteren Würfeln verkreuzt, so dass nun ein insgesamt offenes "kommunizierendes" System vorliegt, in dem sich die Tiere reorganisiert haben und ungeachtet der neuen Umgebung ihren Verhaltensmustern folgen können: Futter organisieren, Abfälle wegtragen, tote Tiere "begraben", am Bau arbeiten. Im Grund hat Mosettig mit dieser Arbeit nichts anderes gemacht als ein Formikarium eingerichtet und damit die Konventionen des Schau- und Ausstellungsraums gegen den Strich gebürstet. Auf den Kunststatus verweist er im Grunde nur mit dem Hinweis des Titels: "Processual Minimalism". Dabei trägt zur Artifizialität der Arbeit nicht so sehr die klare Plexiglas-Struktur bei ? diese folgt schlichtweg den üblichen Empfehlungen für derartige Tierbehältnisse. Entscheidend ist vielmehr, wie hier der Prozess der Formung in den Mittelpunkt gerät. Es sind letztlich die Ameisen, die die Arbeit durch ihr Tun einer ständigen Veränderung unterwerfen und damit paradoxerweise zur Skulptur machen. Die Frage nach der Kunst wird somit zu einer Frage des Standpunktes.
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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Klaus Mosettig - Processual Minimalism
17.05 - 09.09.2006

Schauraum Wittmann
1010 Wien, Friedrichstraße 10, Akademiehof


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