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Die Jugend von heute: Kunst-Vermittlung

Unter all den Weltverbesserern und Kundenfängern, wie sie das asterixinische Rom bevölkern, gibt es einen Wegelagerer am Straßenrand, der ganz unvermittelt fragt: "Habt Ihr was gegen die Jugend?". Das ist witzig und unverblümt und schroff, und irgendwann vielleicht kommt man drauf, dass es auch ein Zitat ist. Ein Satz, nicht eingefangen bei irgendeinem unwirschen Greis, dem die Felle seiner Vitalität davongeschwommen sind, sondern abgelauscht keinem geringeren als Jean-Luc Godard. Der Comic, der einen Film aufgreift, der das Leben aufgreift: Genau das ist Postmoderne. So, wie man auch nicht mehr "Ich liebe dich" flüstert, ohne hinzuzufügen: "Würde jetzt der Dichter sagen". So ähnlich wie Asterix meint es auch eine "Die Jugend von heute" geheissene Präsentation, die sich gerade in der Frankfurter Schirn Gedanken über die nächste und übernächste Generation macht. Und es lässt sich gleich vorab fragen, ob als Ausstellung funktioniert, was als Comic klappt. Alles nämlich, was die Schirn ausbreitet, ist seinerseits Zitat. Es stammt aus dem Second Hand ?Shop ästhetischer Appropriation, ist ein Stück buchstäblicher Kunst-Vermittlung. Als wären die Dinge, mit denen die jungen Leute sich umgeben, befallen von Pickel-Virus und Geruchsbakterien, fasst die Ausstellung all die Devotionalien, Fetische und Accessoires aus den unaufgeräumten Oberstübchen der Pubertät nur an, wenn vorher ein Künstler sie sterilisierte. Das ist als Strategie durchaus etabliert, und in den Neunzigern, als Sam Samore seine Großstadtpflänzchen fotografierte und Muntean/Rosenblum oder Elizabeth Peyton begannen, den Oberflächen der Teenie-Kultigkeit entlangzuspüren, war eine solche Arbeit an der Phänomenalität schon allein deshalb wichtig, weil sich da bei aller Transgender- und Drittwelt-Begeisterung eine Sphäre auftat, in der die Unbeachtetheit nicht minder Konstruktionsprinzip der Identität war. Allerdings bietet die Schau mit ihren fünf Abteilungen "Politik/Revolte", "Existenz/Sein", "Körper/Sex", "Musik/Club" und "Stadt/Raum" Begriffe und Perspektiven an, als würde sie gleichzeitig doch auf Authentizität zielen. Was also? Die Beobachtung der Beobachtung des gepiercten Nabels? So ist die Schau womöglich allein in einer Richtung bezeichnend: Dass es nach wie vor Künstler und Kuratoren gibt, die tun, als lebten sie in den Neunzigern.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Die Jugend von heute
07.04 - 25.06.2006

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