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Ruth Schnell - Beyond The Screen 2006 - all targets defined: Standhalten

Im Dezember 1991, kurz vor dem medial perfekt inszenierten Golfkrieg, soll Colin Powell der Zeitschrift "Spiegel" zufolge seine Auffassung vom Einsatz des Fernsehens in Kriegszeiten folgendermaßen erklärt haben: "Wenn Sie alle Truppen in Bewegung gesetzt haben (...), müssen Sie sich aufs Fernsehen konzentrieren. Denn Sie können die Schlacht gewinnen und den Krieg verlieren, wenn Sie die Geschichte nicht richtig verkaufen." Kriege werden an zwei Fronten ausgetragen: im Schlachtfeld und im Informationsfeld. Während des Irak-Krieges 2003 sollte durch den Einsatz von "embedded journalists" der Forderung der Medien nach einer kontrollierbaren Berichterstattung nachgekommen werden. Rauschende Videos, übertragen mittels Satellitentechnik, waren dauerhafte Begleiter. Live-Bilder von der Front, die jedoch vielfach der Zensur des Militärs unterworfen waren - die Berichterstattung über den Krieg am Golf geriet selbst stark in die Kritik. Ruth Schnells aktuelle Ausstellung ruft all dies in Erinnerung. Via TV bereits ausgestrahlte und im Internet veröffentlichte Dokumentaraufnahmen verschiedener Kriegszenarien hat sie als UV-Drucke auf Aluminium konzipiert und mit einer Epoxydharzschicht überziehen lassen, wodurch eine beunruhigende Distanz zwischen den Bildinhalten und deren Präsentation entsteht. Die Unvermitteltheit eines Zugangs zur Realität, wie sie besonders audiovisuelle Medien entwerfen, negiert ja gerade die Distanz, die sie dabei zur Wirklichkeit etablieren. Ruth Schnell setzt genau hier an, wenn sie durch die spezielle Bearbeitung des verwendeten Bildmaterials die Funktionsweisen der Nachrichtenübermittlung hinterfragt. Die Arbeiten sind als Diptycha konzipiert: Der Blick auf die jeweils linken Bildträger ist wie jener durch ein Nachtsichtgerät. Aus der Perspektive des Aggressors erkennen wir Panzerfahrzeuge, Soldaten, flüchtende Menschen, eine Eisenbahnbrücke. In die Bildträger rechts davon sind LED-Leuchtstäbe integriert. Militärstrategische Daten und Fakten machen hier die Autorität einer hochtechnologischen Kriegsführung deutlich und deren Opfer... in Zahlen. Mit der DVD-Projektion "Territorism", der ausschnitthaften Darstellung eines Armes, der einen Spielzeugpanzer über eine Wand führt, ist der Künstlerin ein eindringliches symbolisches Kürzel gelungen: Es ist, mit Elisabeth Fiedler gesprochen, "der menschliche Körper, der Gewalt ausführt, der Macht demonstriert und letztendlich seine Kreation steuert." Und es ist Ruth Schnell, die der massenmedialen Bilderflut standhält und uns dazu auffordert, nicht aufzuhören, über Kriege und die damit verbundenen Formen der Nachrichtenübermittlung kritisch nachzudenken.

Mehr Texte von Manisha Jothady

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Ruth Schnell - Beyond The Screen 2006 - all targets defined
24.03 - 24.05.2006

Galerie Grita Insam
1010 Wien, An der Hülben 3
Tel: + 43 1 512 53 30, Fax: +43 1 512 5330 15
Öffnungszeiten: geschlossen


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