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Shirin Neshat: Im Reich der Träume

Die Geschlechterrollen sind eindeutig aufgeteilt in Shirin Neshats Werk. Das zeigt sich wieder einmal in ihrer aktuellen Ausstellung im Museum der Moderne, eine Art Mini-Retrospektive, in der die "Women of Allah" aus den 90er-Jahren ebenso Platz finden wie ihre bereits aus anderen Ausstellungen bekannten Doppelprojektion "Rapture" und ein neuer Film mit dem Titel "Zarin". Letzterer ist Teil eines größeren Projekts, einem Episodenfilm, in dem fünf Erzählungen von Schahrnusch Parsipur in Szene gesetzt werden sollen, Geschichten von Frauen im arabischen Raum, die den auf ihnen lastenden Druck nicht mehr ertragen und in einen "Garten" flüchten. "Zarin" beispielsweise arbeitet seit ihrer frühesten Jugend als Prostituierte ? und sie sieht aus wie ein zu früh gealtertes Kind, das seit Ewigkeiten nicht mehr gegessen hat. In farbintensiven Bildern schildert Neshat Zarins Alltag: Ein voyeuristischer Blick verfolgt Männerhände entlang eines weißen Kleides, Zarins Pokerface beim "Bedienen" ihrer Freier, ihr Gesicht, als sie sich vor dem Spiegel schminkt. Als dem Freier plötzlich Augen und Mund fehlen, verlässt Zarin das Bordell aus Angst verrückt zu werden. Sie findet sich wieder in einem Hamam, wo sie ihren ohnehin schon geschundenen Körper noch blutig kratzt, ihn "reinzuwaschen" versucht. Am Ende steht ein Bild wie aus einem Videoclip einer Indiepop-Band: Ein Wald, gelbe Wolle, gelb gekleidete Kinder. Also der Ort der Erlösung. Neshats Film besteht aus Motiven, die man schon zum Überdruss gesehen hat, und Zarin sieht genauso aus, wie man sich eine unglückliche, anorektische Prostituierte vorstellt. Schablonenhaft reiht sich ein Klischeebild an das andere. Im Gegensatz zu ihren "Women of Allah" ? und wohl auch ihren früheren Filmen ? weist Neshat hier der Frau eindeutig die Opferrolle zu. Am Ende flüchtet Zarin zwar ? bloss: Wohin? In ein Paradies, dessen magisch-surrealer Charakter in das Reich der Träume verweist. Das is alles andere als emanzipatorisch.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Shirin Neshat
21.01 - 02.04.2006

Museum der Moderne Salzburg Mönchsberg
5020 Salzburg, Mönchsberg 32
Tel: +43 / 662 / 84 22 20-403, Fax: +43 / 662 / 84 22 20-700
Email: info@mdmsalzburg.at
http://www.museumdermoderne.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h, Mi 10-20 h


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
and so what?
eine frau | 09.02.2006 07:45 | antworten
es gibt nun mal frauen, die opfer sind. die aufgabe der künstlerin ist es nicht ein happy end zu liefern, oder erstarkte frauen zu zeigen, um die rolle der frauen zu stärken. und magisch klingt für mich allemal spannender als (fingerzeig)emanzipatorisch.

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