Louise Bourgeois: "I love you even if you don`t love me"
Unglaublich, aber wahr! Louise Bourgeois bezeichnet es als ihr Glück, dass sie spät berühmt wurde und sie der Ruhm nicht zerstören konnte. Der Kurator der Ausstellung "Aller-Retour" Peter Weiermair, kürt die heute 94-Jährige zur moralischen Instanz im Kunstbetrieb.
Louise Bourgeois hat sich niemals Trends oder Stilen unterworfen. Nichtsdestotrotz rangiert sie auf den aktuellen Kunstindexen unter den vordersten Rängen. Ihr Netzwerk und ihr intensiver künstlerischer Austausch liest sich als "Who is who" der Kunstgeschichte: Studium bei Fernand Léger, Freundschaften und Bekanntschaften mit Marcel Duchamp, Joan Miró, Robert Rauschenberg, Andy Warhol, Robert Mapplethorpe, Maria Lassnig, Inge Morath, Pat Steir...
Louise Bourgeois` Impulse für die Installations- und Environmentkunst sowie ihre Rolle für den Feminismus und für KünstlerInnen, die sich mit sexuellen Inhalten, ihrem Körper und der Psyche auseinandersetzen, sind unbestritten. Obwohl Louise Bourgeois es heute vorzieht, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren und kaum noch Interviews gibt, empfängt sie in ihrem Haus in New York sonntäglich junge KünstlerInnen und Intellektuelle, um mit ihnen über deren Arbeit zu sprechen.
Louise Bourgeois` Themen nehmen ihren biografischen Ursprung in der Intimsphäre der eigenen Familie, die in der Nähe von Paris am Bièvre River eine Tapisseriewerkstatt betrieb. Der Betrug ihres Vaters mit dem Kindermädchen, der frühe Tod der Mutter und das Gefühl von Verlassenheit lassen die Spuren und Fallen der Erinnerung immer wiederkehren. Ohne Phobien auszulösen, taucht die Mutter Joséphine in Gestalt der Spinne als Skulptur in Louise Bourgeois` Werk auf. Der intensiven Emotionalität und psychische Spannung ihrer Skulpturen und Zeichnungen vermag sich, trotz der beunruhigenden und konfliktbeladenen Wirkung, kaum jemand zu entziehen.
Die Kunst von Louise Bourgeois wird in einer Gesellschaft, die sich von sozioökonomischen Zwängen befreien will und sich auf die Suche nach authentischen Existenzen begibt, aktueller den je. Mit "Aller-Retour" hat Louise Bourgeois gemeinsam mit Peter Weiermair einen gelungenen Überblick über ihres skulpturales und zeichnerisches Werk konzipiert. Durch die neuen Arbeiten und dem so ausgelösten Beziehungsgeflecht eröffnen sich überraschende Zugänge. Mit ihren Zeichnungen aus Stoff verleiht Louise Bourgeois der Oberfläche Körper und lässt hypnotische Formationen entstehen. Wie Herzklopfen fühlen sich die zwischen 2003-2005 entstandenen Werke aus gestreiften Kleidern, Bett- und Tischtüchern an, die Louise Bourgeois zu Kunst recycelt. Einem Gefühl Form zu geben, darin ist sie Spezialistin. In der Ausstellung "Aller-Retour" sind es vor allem die Texte und deren absurde Pointen wie "I have been to hell and back. And let me tell you, it was wonderful", die faszinieren. Wiederholt geht es um Zurückweisung wie in "Rejection Makes Me Wild" (2002), das Spiel der Geschlechter und unerfüllte Liebe wie in "May be or may be not" (2000). Doch wir glauben Louise Bourgeois gerne, wenn sie uns in scharlachroter Schrift mitteilt: "I did everything I could every day of my life".
25.11.2005 - 05.02.2006
Kunsthalle Wien Museumsquartier
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