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Jannis Kounellis - Opus One: Kalkül und Kostbarkeit

Nachdem bekanntlich nichts einsamer macht als der Erfolg, bläst der Wind der Albertina nur so um die Ohren. Die Geschichte mit den Dürer-Blättern, die das Bundesdenkmalamt urplötzlich aus seinem Ganzjahreschlaf reissen, war nichts als eine klassische Intrige, und die groß annoncierte Sorge um renovierte Schiele-Blätter spielt mit der Staatstragendheit als Sekundärtugend von Feuilletons, denen die Kriterien längst im Weinglas davonschwammen. Dabei macht die Albertina eine grandiose Arbeit. Wer es nicht glaubt, besuche die gerade laufende Trias an Ausstellungen, die das Highlight des Hauses bisher markiert. Konnte man bei Rubens oder Rembrandt noch das Näschen darüber rümpfen, was alles fehlt, so liefert die Parallelwelt der Schau von Rudolf von Alt, des Panoramas der alten Fotografien zur Wiener Stadt und Stattlichkeit und der kurzen Revue zu Jannis Kounellis die perfekte Performance zu jenem Leitspruch, in dem sich das Kunstbetriebsgeheimnis kundtut: Das alles gibt es also. Kounellis: 47 Blätter des italienischen Griechen sind in der Pfeilerhalle zu hängen gekommen, und sie inszenieren in edelster Aufmachung ein markantes Stück Arte Povera. Kounellis ist eine der Galionsfiguren der nicht mehr schönen Künste, und seine beispielhafte Position besteht aus Prozess und Projekt. "Dodici Cavalli" etwa, ersonnen 1969, bestand aus der ganz titelkonformen Präsenz von zwölf Rössern in einer römischen Galerie und also aus nichts anderem als der genauen Darbietung von buchstäblich lebenden Skulpturen. Das Werk von Kounellis besitzt in der Tat jenen Überhang des Poveren, der sich schwer in größeres Geld ummünzen lässt, und wie bei so vielen seiner Generation bedarf es des gern Paradoxie genannten Unterschleifs, um die Qualitäten zu versilbern. Das Foto ist es, das man sich nun vornimmt, und in zielgenauer Inszenierung lässt Kounellis es hinübergleiten vom Medium der Dokumentation zur aufwändig gestalteten Zimelie. Die zwölf Rösser finden sich also auf einem Blatt wieder, das als Siebdruck prangt, in schwarzer Tinte mittels Leinöl-Reliefplatten fixiert. Und mit den Rössern finden sich 46 andere Aktionen von Kounellis. So kommt Kounellis zu seinem Portfolio. Und die Albertina kommt zu einem Stück exemplarischer Gegenwartskunst. Exemplarisch in seiner Mischung aus Kalkül und Kostbarkeit.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Jannis Kounellis - Opus One
21.10.2005 - 02.01.2006

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


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