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Fünfzehn Jahre deutsche Einheit

Die deutsche Einheit ist in die Pubertät gekommen. Genau vor fünfzehn Jahren hat der Balg das Licht der Welt erblickt, und jetzt, da es an der Zeit wäre, ihn endlich aufzuklären, drucksen alle herum und verweigern sich und ihm so etwas wie die Wahrheit. Dabei hat die Bundestagwahl sie einmal mehr zur Kenntlichkeit gebracht. Entsprechend könnte man gerade jetzt mit der Aufklärung so schön beginnen. Man müsste nur aussprechen, was es war, das der Kandidatin Merkel so massiv geschadet hat. Darin, dass sie eine Frau ist, lag ihr Scheitern jedenfalls nicht begründet. Und die Eiertänze um den Wirtschaftsprofessor, so peinlich sie waren, haben ebenfalls nicht den Ausschlag gegeben. Der Grund für Angelas Merkels Misserfolg ist ein geografischer. Sie kommt aus dem Osten. Deutschland ist nach wie vor gespalten, und vor lauter seinerseits sehr deutschem Eifer, dass da etwas zusammengewachsen sein soll, was, so weiß man vom Hörensagen, zusammengehört, wird sich schwerstens gehütet, den Graben auch nur zu benennen. 1,25 Billionen Euro West-Ost-Transfer haben ihn nicht zugeschüttet. Im Gegenteil: Die neun Prozent, die Stoiber jetzt in Bayern verloren gegangen sind, haben in eben diesem Graben auch noch Platz gefunden. Natürlich hat Deutschland ein Mezzogiorno-Problem. Natürlich ist es wie in Italien, wo die Gegenden südlich von Rom ein beispielhaftes Loch im Stiefel markieren, doch während man auf der Halbinsel mit Lega Nord oder Kfz-Kennzeichen, die die Herkunftsbezeichnung verweigern und deswegen Ressentiments ins Leere laufen lassen, immerhin zu erkennen gibt, dass da ein Problem existiert, grasen die Deutschen wie die Kühe in ihren angeblich blühenden Landschaften. Der Mezzogiorno liegt im Osten. Die Gegenden dünnen aus. Die Ambitionierten gehen weg, der Rest richtet sich ein in ebenso ökonomisch wie demografisch unterfüttertem Perspektivenmangel. Dass der Osten, von Leipzig und Dresden und sonst eigentlich nichts mehr abgesehen, ein Problem liefert und auch in der Zukunft eines liefern wird, sollte langsam zum Sprachschatz gehören dürfen. Mehr als diese dürre Prosa wird es kaum werden zum Geburtstag.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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