Rainer Metzger,
Bericht zum Belvedere
Man fragt sich, wie ein solches Wohlwollen zustandekommt. Liegt es am Promi-Faktor, der nichts anderes ist als ein Anti-Seriositäts-Bonus? Genügt wirklich ein freundliches falsches Lächeln? Jedenfalls hat zu Ehren von Agnes Husslein schon wieder ein österreichisches Presseorgan auf den journalistischen Anstand der Neutralität verzichtet.
Letzte Woche brachte der "Standard" eine zehnzeilige Meldung, dass Gerbert Frodl, Chef der österreichischen Galerie im Belvedere, nächstes Jahr in seinen wohlverdienten Ruhestand treten wird. Das heißt, eigentlich war die Frohbotschaft zu Frodl auf fünf Zeilen eingedickt. Die anderen fünf brachten die breiige Information, dass Agnes Husslein als Nachfolgerin bereitstünde. Von den Dutzend anderen, die womöglich auch bereitstünden, war nichts zu lesen. Was der "Standard"- Bericht lieferte, hört auf einen Begriff: Name Dropping.
Nun war schon im Frühjahr eine eigenartige Schlagseite im "Standard" zu bemerken. Es war um die Museen in den Bundesländern gegangen, und Agnes Husslein bekam das dem Salzburger Haus, das sie damals leitete, entsprechende Forum zur Selbstdarstellung. Zur Darstellung kam in der "Standard"-Serie auch das Grazer Joanneum, doch dessen Leitung wurde nicht soviel Goodwill zuteil. So durfte also nicht nur der Intendant Peter Pakesch zu Wort kommen, sondern auch dessen scharfer Kritiker und Multi-Wortspender Peter Weibel. Nichts gegen Kritiker, aber bei Frau Husslein hat man offenbar keine finden können.
Die Nachfolge fürs Belvedere. Dass es eine Frau werden soll, sehen womöglich auch die Männer ein, und von Ingried Brugger, die zeigt, wie man Besucher für ihr BA-CA-Kunstforum gewinnt, über Christa Steinle, die als Leiterin der Grazer Neuen Galerie weiß, was eine Sammlung von alter österreichischer und zeitgenössischer internationaler Kunst ist, zu Beate Ermacora, die nach ihrer Tätigkeit in Krefeld nun die Museen der Stadt Velbert führt, gibt es genügend Kandidatinnen dafür aus dem eigenen Land. Von Deutschen bzw. Deutschsprachigen wie Susanne Anna oder Theodora Vischer zu schweigen. Alle sind sie auch wissenschaftlich ausgewiesen. Ingried Brugger etwa hat über einen Künstler des Manierismus promoviert, Christa Steinle über die Nazarener. Und mit denen waren sie weder verwandt noch verschwägert.
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