Werbung
,

Artposition 2005: Wunderkunstkammer der Befindlichkeiten

Zum vierten Mal lädt die Art-Position das faszinierende Raumgeflecht der Gerste-Hopfen-Hefeböden der Ottakringer Brauerei in ca. 200 Kunstexponaten aller Art und Genres auf, am Samstag wird ab 21 Uhr noch heftig abgetanzt. Prinzipiell gilt: je ruppiger, bunter, jünger, desto besser. Lustvolle Variationen zu Sex, crime and Horror finden sich neben reflexiven Positionen zu Gewalt, Prostitution und latent diffusen Ängsten vor (Selbst)-Verlust. Subversiv witzig betreibt Robert Rumas aus Polen konzeptuelle Gesellschaftskritik. Für spezifische Orte entwarf er Verkehrsschilder mit Spezialpiktogrammen: das Verbot, neugeborene Babies im Müll zu entsorgen findet sich u.a. neben der Warnung vor Selbstmordsprungbrücken. In kulminierter Dichte stapeln sich die Navigationshilfen durch modern urban landscapes, den Raum dahinter verwandelt das Video "Warum erfrischt mich der Friedrichshof so?" der Bad Beuys zum ermattenden Saunaschwitzkasten. Insgesamt viel Figurativ-Konkretes. Reduzierte Alltagsstadtszenen von Klaus Ludwig Kerstinger: Logos sind lesbar, Menschen gesichtslos. Individuen schwinden, Marken bleiben auf der Wollzeile. Im lieblichen Feenbild feiert der fantastische Realismus ein come-back, auf "Waren" verdichtet Martin Gras Protagonistinnen des Porno-Bondage-Sex-Gewerbes, "Kinder" zitiert Bilder von Opfern und Tätern der Weltgeschichte: der helle Umriss eines Erwachsenen mit Kind an der Hand bildet die für viele Assoziationen offene Mitte beider. Das Schwarz auf Tina Ribarits` C-Prints scheint die Körper der porträtierten Frauen zu schlucken, am Grat zur Abstraktion wandern weiße Seiten zwischen schwarzen Buchdeckeln. Vom Plafond winken Penis und Vagina: banaler "corner sex" von Christopher Kinsey, die Treppen bestückte Szidónia Szép mit toilettenspruchkompatiblen "Vienna Underground"-Fotos: das Volk markiert sein Trottoir. Highlight ist die Industriehalle mit rostigen Stahlstützen und tauben Scheiben, die Adrien Tirtiaux um das tempelartige Betonoktogon des "siebten Flakturms" bereicherte. Gefangen in der eigenen undurchdringlichen Kopfkiste, an Knie und Ellbogen gehemmt, schickt Roman Pfeffer einen Mann aufs Eis, eindrucksvoll kombiniert Philippe Batkas Serie "Entartete Kunst" Schrift, Linie, Fläche in Schwarz-Weiß-Grau, ritzt sein Selbstporträt vor den schemenhaften Goebbels, malt sich mit schwarzen, toten Augen. Zu viel Reflexion im Kunstspiegel zum Erblinden.
Mehr Texte von Isabella Marboe

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Artposition 2005
10 - 18.06.2005

Ottakringer Brauerei
1160 Wien, Ottakringer Straße 91


Ihre Meinung

6 Postings in diesem Forum
grauslich
adrien | 20.06.2005 05:56 | antworten
meine befürchtungen sind wahr geworden, denn die disjährige artposition ist wieder einmal *!*! abgelaufen. herr kramer: was haben boxveranstaltungen mit kunst zu tun, warum schreibt man mit 8 euro eine ermäßigung an, die es dann für studenten und präsenzdiener nicht gibt, sollten die einnahmen (das bier und die lokalität wird von der ottakringer brauerei GRATIS zur verfügung gestellt) nicht zu einem großen teil den künstlern zufließen und nicht in die eigene tasche ?!? .. fazit: keine organisation, schade um die vereinzeilt recht witzigen arbeiten !!!
da steigt man schon mal leer aus
anonym | 20.06.2005 07:49 | antworten
als junger künstler hat frau / mann es nicht leicht, auch nicht bei der artposition. da steigt man schon mal leer aus ... bzw. haben teile meiner arbeit nach dem abbau gefehlt, wurden angeblich gestohlen. soviel zur organisation!!!
kunst zum stehlen
ksp. | 20.06.2005 07:54 | antworten
am abbautag war von den verantwortlichen niemand da, da konnte man sich als kunstdieb schon mal bedienen. eine kleine bunte ölmalerei von naomi devil, ein dvd player mit finnischer sauna dvd, ein paar suizidschilder, ein buntes shirt von fahrnberger, eventuell ein hütchen ... jaja, da war für jeden was dabei.
Bilderkampf
Bad Beuys 1 | 23.06.2005 04:02 | antworten
Ein Photo vom Bilderkampf gibt es hier: http://www.badbeuys.com/
bilderkampf
dr. malttinger | 23.06.2005 04:43 | antworten
grossartig!
no prof
raimund | 02.07.2005 10:23 | antworten
sehr toll vom marketing her wenn man eine ausstellung mit sachen bewirbt, die nicht zu sehen waren und vom jahre schnee (dh alten artposition ausstellungen stammen) sind. da gabs etwa digiprints von pauline marcelle. her kramer, warum nehmen sie nicht gleich die arbeit von krystufek aus 2002. ein bißchen funkeln hat wohl noch nie geschadet ... im pleasuredome

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: