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L`esperienza dell`arte: Alles beim Alten

So viel Gegenwind wie diesmal hat einer Venedig-Biennale schon lange nicht entgegengeschlagen. Nicht nur, dass während der Preview-Tage KuratorInnen, GaleristInnen, SammlerInnen und andere ExpertInnen gelangweilt, angeödet, besserwissend, alles-schon-gesehen-habend herumspazierten und entsprechende Urteile kund taten. Schon im Vorfeld führte die italienische Kunstzeitung "Il Giornale dell`Arte" (die jedem Besucher beim Eingang in die Hand gedrückt wurde) einen regelrechten Feldzug gegen die 51. Ausgabe der diesjährigen Großausstellung und zitierte "Vorurteile" (sic) von Meinungsmachern wie dem gewesenen Biennale-Direktor Achille Bonito Oliva, dem Kritiker Philippe Daverio oder dem Kunsthistoriker Giorgio de Marchis. Dabei wollte das Kuratorium der Biennale diesmal besonders innovativ sein und bestellte, was immer wieder kräftig betont wurde, mit den Spanierinnen Rosa Martinez und Maria de Corral gleich zwei Direktorinnen, wobei das Novum nicht nur in der Doppelbesetzung, sondern auch der Geschlechtszugehörigkeit der beiden Kuratorinnen lag. Dem Erneuerungswillen zum Trotz: Das Ergebnis fiel mager aus - auch im italienischen Pavillon, wo anstelle nationaler Repräsentation traditionell internationale Kunst gezeigt wird. María de Corral entschied sich als federführende Kuratorin der Giardini-Ausstellung, das labyrinthisch strukturierte Gebäude unter dem Motto "Erfahrung der Kunst" mit 42 relevanten Positionen der Kunst der letzten 40 Jahre zu bespielen, um Themen wie Macht, Herrschaft, Gewalt zu illustrieren. Allerdings: dieser politische Anspruch blieb weitgehend uneingelöst, wurde am ehesten noch von Marlene Dumas mit ihren Märtyrer-Porträts erfüllt; auch von der (für ihr Lebenswerk mit einem Goldenen Löwen ausgezeichneten) Barbara Kruger, die die Fassade des Pavillons flächendeckend mit einer imposanten Schriftinstallation versah. Auch vom jungen Jun Yang mit seiner (für eine Mega-Group-Show wie die Biennale wohl doch zu lang ausgefallenen) Videodoppelprojektion "Hero - this is we", die ausgehend von verschiedenen kulturellen Formen des Umgangs mit Flaggen einmal mehr die Frage nationaler Identität in den Raum stellt. Oder von Monica Bonvicini, die in der Eingangskuppel hoch über den Köpfen der Besucher bedrohlich einen schwarzen Presslufthammer kreisen lässt. Ansonsten: zahnlos präsentierte Klassiker, junge und ältere, soweit das Auge sieht - wenn es angesichts der Menge abgedunkelter Video-Rooms überhaupt noch sieht. Was bietet diese Video-Section? Candice Breitz: stark - mit einer auf zwei Räume aufgeteilten Mother/Father-Analyse. Eija-Liisa-Ahtila: wiederholt sich. Tania Bruguera: ihre in einem aus abertausenden Teebeuteln bestehenden Korridor versteckten Mini-Screens geben nichts zu erkennen. Tacita Dean: so poetisch wie hermetisch. William Kentridge: seine Trickfilm-Hommage an die Brüder Lumière könnte stärker sein. Und Stan Douglas im letzten Raum, am Ende des Parcours: starke Bilder, die Zeit in Anspruch nehmen, welche man angesichts des Overkills nicht mehr sehr gerne aufbringt. Der Bereich der Malerei wird durch einige wenige abgesicherte Standpunkte abgedeckt, zum Beispiel Antoni Tápies, Francis Bacon, Philip Guston, Juan Hernandez Pijuane, Bernard Frize - oder die im Dezember verstorbene Agnes Martin (mit enttäuschenden Spätwerken). Nichts gegen all diese Künstler, aber welche Perspektiven eröffnet ihre Präsentation? Und sonst? Sicher nichts gegen Thomas Ruff, der sich hier mit einer "JPEG" genannten Serie stark pixelnder Großformate präsentiert - übrigens in liebloser Kombination mit einer weißen Stiegenskulptur von Rachel Whiteread, die aufgrund ihrer Höhe mit den unter der Decke montierten Versorgungsrohren des Saals konkurrieren muss. Sicher nichts gegen Thomas Schütte, dessen umfangreiche Serie zarter Porträtzeichnungen mit drei imposanten Figurenskulpturen mehr zusammen gepfercht als ausgestellt wurden. Doch welchen Erkenntniswert birgt eigentlich diese Corralsche "Kunst-Erfahrung"?
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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L`esperienza dell`arte
12.06 - 06.11.2005

Österreichischer Pavillon - La Biennale di Venezia
30122 Venezia, Giardini della Biennale
https://www.biennalekneblscheirl.at
Öffnungszeiten: täglich 11 - 19 h, Fr, Sa bis 20 h,
Montag geschlossen außer 25/07, 15/08, 5/09, 19/09, 31/10, 21/11


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