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Katrina Daschner - Dolores: Liebesdrama in sechs Bildern

Lesbische Liebe provoziert offenbar auch Anfang des 21. Jahrhunderts noch immer. "Die Ausstellung ist für Kinder unter 16 Jahren nicht geeignet", verkündet ein Schild am Eingang der factory. Fragen wir lieber nicht, was Kleinkinder an Mutterns Hand in der Trafik zu sehen bekommen, ältere beim Durchblättern der größten Tageszeitung des Landes. Widmen wir uns lieber Katrina Daschners Neuerzählung von "Lolita", dem von Stanley Kubrick bereits wenige Jahre nach seinem Erscheinen filmisch bearbeiteten Roman Nabokovs. Schritt für Schritt führt Daschner das Publikum durch ihre multimediale Narration, die sowohl Buch als auch Film gehörig umkrempelt. Säuberlich hat Daschner den Raum in sechs Stationen eingeteilt, und schon bei der ersten merkt man: Die Geschichte erzählt hier kein alternder Schriftsteller wie bei Nabokov, sondern die junge Göre Lolita - hier übrigens, den verniedlichenden Diminutiv vermeidend, mit ihrem tatsächlichen Namen Dolores benannt. Wie in einem Prolog stellt diese zunächst die Protagonistinnen mit quiekender Overvoice vor, und schon von Anfang verleiht ihr die körperlose Stimme die Definitionsmacht. Damit begleitet sie die kurzen Videos, in der ihre Mutter, Humbert Humbert in Gestalt einer etwa vierzigjährigen Künstlerin und sie selbst agieren. Dann: Ein Auto, die tote Mutter. Nächste Station: Ein Roadmovie, Dolores und ihre ältere Liebhaberin führen denkbar unterschiedliche innere Monologe im Auto. Eine Tankstelle, eine Vergewaltigung, ein Schuss. Und schließlich: Dolores und ein anderes Mädchen ihres Alters im zärtlichen Liebesspiel (richtig, das ist der Stein des Anstoßes!), durch eine Türe beobachtet von der traurigen Humbert Humbert. Spannend ist Daschners Arbeit nicht nur aufgrund der Verwirrspiele, die sie mit traditionellen Rollen treibt, sondern auch aufgrund ihrer Erzählweise mit Video, Ton, Fotografie und Text. Der Rhythmus, die eigentlich ganz simple Idee, Männer durch Frauen zu ersetzen und die Umkehrung von Machtpositionen verpassen der heute recht altbacken wirkenden Geschichte eine Frischzellenkur. Dabei bleibt Daschners Story aber nicht kritiklos ihrer Protagonistin gegenüber: Dolores` Begehren verletzt. Womit man wieder in der Realität angelangt wäre.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Katrina Daschner - Dolores
08.05 - 03.07.2005

Factory - Kunsthalle Krems
3504 Krems, Steiner Landstraße 3
Tel: +43-2732 908010-40, Fax: +43-2732 908010-41
Email: factory@kunsthalle.at
http://www.kunsthalle.at
Öffnungszeiten: täglich 12-16 Uhr


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