
Walter Seidl,
Ulrike Ottinger - Totem: Mythenspezifische Wandlungen
Der Blick auf das Andere als Projektionsfläche eigner Sehnsüchte lässt die Möglichkeit offen, das Reale oder real Erscheinende zu durchbrechen und im Sinne von Julia Kristeva die Position des Anderen (Selbst) einzunehmen, um diese in Differenz zum eigenen Selbst zu reflektieren. Welche Stellung nimmt nun jene Form der Andersheit ein, die eine Erfahrung kultureller Übersetzung(en) ermöglicht?
In ihrer aktuellen Ausstellung im Salzburger Kunstverein untersucht die documenta XI Teilnehmerin Ulrike Ottinger die (fotografische) Transformation kultureller und sozialer Riten, die sich mit dem Phänomen des Todes und der Auferstehung auseinander setzen. Im Vordergrund steht die objekthafte Inszenierung religiöser und spiritueller Momente, deren exakte Differenzhaltigkeit jedoch nur bedingt eine Rolle spielt. Ob es sich um Seancen weiblicher Schamanen in der Taiga, texanische Kirchenfeste und Charreada-Rodeos oder um die Dokumentation einer aus Knochen gebauten Kapelle in Tschechien handelt, das zentrale Moment der Ausstellung beruht auf der Sichtbarmachung ritualer Prozesse, denen unterschiedlich tradierte Mythen und Spiritualitätsgedanken zu Grunde liegen. Die Komplexität bzw. Fiktionalität der einzelnen Inhalte konterkariert Ottinger mit inszenierten Fotografien zu ihren Filmen "Freak Orlando" und "Dorian Gray im Spiegelbild der Boulevardpresse", die u.a. auf geschlechtliche Identität als differenzierendes und machtsymbolisches Element fokussieren.
In Anlehnung an den Titel der Ausstellung platzierte Ottinger ein Totemzelt in die Mitte des Hauptausstellungsraumes. Dieses Europa-Zelt greift die Wandlung des Mythos um den Raub der Europa durch Zeus in Gestalt eines Stieres anhand von unterschiedlichen historischen Darstellungen auf. Mit dem Verweis auf die Unmöglichkeit der Linearität bzw. Bruchhaftigkeit mythologischer Prozesse in deren Umsetzung verweist Ottinger weniger auf die Faktizität der einzelnen Handlungsrituale als auf die Vielfalt an Ausdrucksformen und ihre synchronen und diachronen Existenzwelten. Diese Parallelebenen der Andersheit dokumentiert Ottinger auch in einer groß angelegten Diainstallation im Ausstellungskabinett des Kunstvereins.
Mehr Texte von Walter Seidl

Ulrike Ottinger - Totem
07.07 - 11.09.2005
Salzburger Kunstverein
5020 Salzburg, Hellbrunnerstrasse 3
Tel: +43 (0) 662/84 22 94-0, Fax: +43 (0) 662/84 07 62
Email: office@salzburger-kunstverein.at
http://www.salzburger-kunstverein.at
Öffnungszeiten: Di-So 12-19h
07.07 - 11.09.2005
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