Johanna Hofleitner,
Neue abstrake Malerei aus Österreich: Shanghai Express
Für westliche Ohren klingt es überraschend, dass es in China bislang keine größere Ausstellung europäischer Gegenwartskunst gegeben hat. Dass sich nunmehr mit dem MUMOK-Gastspiel "Neue abstrakte Malerei aus Österreich" just Österreichs Malerszene zu einem überaus prominenten Stelldichein einfindet, verleiht der Sache ein kulturpolitisches Gewicht, das im feierlichen Eröffnungszeremoniell in Shanghai seinen symbolischen Widerhall fand: Neben dem chinesischen Kulturminister, den Direktoren der vier teilnehmenden chinesischen Museen (Shanghai Art Museum, Chinesische Nationalgalerie Peking, Shanxi Art Museum/Xian, Guangdong Museum of Art/Guangzhou) und dem Wiener Team um Ausstellungskurator Edelbert Köb und Organisatorin Yvonne Weiler spielte der zwischen bilateralen Verhandlungen und dem Asiengipfel in Hainan samt Abordnung angereiste Bundeskanzler Schüssel eine Hauptrolle. Politisch determiniert ist übrigens auch der Ausstellungstitel: Der ursprünglich vorgesehene Titel "neue wilde Malerei" wurde zwecks Umgehung von Sensibilitäten entschärft.
Mit der Entscheidung für eine Präsentation österreichischer Malerei der mittleren Generation knüpft Köb konzeptuell an "Hacken im Eis" an: jene 1986 von Ulrich Loock und der Kunsthalle Bern lancierte Ausstellung, die den Under-Thirties Herbert Brandl, Gunter Damisch, Josef Danner, Hubert Scheibl und Otto Zitko zum internationalen Durchbruch verhalf. Erweitert wurde die Gruppe um Erwin Bohatsch und Walter Vopava, während Josef Danner beim aktuellen Projekt nicht dabei ist. Aus Sicht des Gastgeberlandes schließt die Schau im Sinn einer gewissen Kontinuität an die große Max-Weiler-Personale im Chinesischen Nationalmuseum in Peking vor sieben Jahren an. Insgesamt 196 Kunstwerke, allesamt neueren bis neuesten Datums wurden verschifft, um in den vier Häusern auf jeweils 2000 Quadratmetern Ausstellungsfläche präsentiert zu werden. Für Shanghai entschied sich Köb für eine serielle Hängung in Form kleiner Einzelpräsentation.
Spätestens, wenn die Ausstellung dann im Winter unter dem Titel "China retour" im Mumok zu sehen sein wird, stellt sich die Frage nach der Stichhaltigkeit der Künstlerauswahl.
Sieht man einmal von den aus chinesischer Sicht speziellen kulturpolitischen und didaktischen Anforderungen des Projektes ab, bleibt eine sympathische Schau zurück, die die jüngere österreichische Kunstgeschichte noch einmal auf den Prüfstand stellt. Zwar haben die sechs ausgewählten Künstler heute weit weniger miteinander zu tun als vor 19 Jahren. Auch die Frage der Abstraktion spielt heute nicht mehr wirklich eine Rolle - und wird von den Künstlern so auch nicht verhandelt (die an Landschaften erinnernden Farbräume Herbert Brandls sind der deutlichste Beleg dafür). Und dass die Malerei nicht tot ist, ist hinlänglich bekannt.
Spannend sind hingegen die sich aus der Konstellation heraus ergebenden unterschiedliche Dialogsituationen: Etwa die Konfrontation von Walter Vopavas dunklen, in Farbe, Gestik und Materialität aufs Minimum reduzierten Leinwänden mit Erwin Bohatschs das Liquide der Farbe hervorkehrender Malerei oder der Dynamik und Vehemenz von Otto Zitkos mehr der Linie und dem Raum als der Fläche verpflichteten Bildtafeln. Oder die Gegenüberstellung der Farb-Maler: Hubert Scheibl mit seinen lichten Farbräumen, Herbert Brandl mit seinem zwischen Nüchternheit und Geheimnis angesiedelten Romantizismus, Gunter Damisch mit seinen Mikrokosmen, wobei an die Stelle des früher Wuseligen mehr und mehr spannende räumliche Lösungen getreten sind.
Die vier Stationen in China:
Shanghai Art Museum Shanghai
22. April bis 31. Mai 2005
Chinesische Nationalgalerie Peking Stiftung Ludwig
10. Juni bis 18. Juli 2005
Eröffnung: 10. Juni 2005
Shaanxi Art Museum Xian
28. Juli bis 5. September 2005
Eröffnung: 28. Juli 2005
Guangdong Museum of Art in Guangzhou
16. September bis 23. Oktober 2005
Eröffnung: 16. September 2005
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