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Matthias Herrmann - Toscana & Molinier: Der Schritt hinaus

Nein, die Ausstellung, die mit dem Wortlaut "Matthias Herrmann Toscana & Molinier" angekündigt wurde, ist keine Group-Show. Toscana ist kein Jungstar, Arbeiten des grenzgängerischen Pierre Molinier werden auch nicht gezeigt. Den Grenzgang unternimmt Matthias Herrmann schon ganz allein, wenngleich mit zwei Werkblöcken - "Toscana" eben und "Molinier".

Letzterer - hinsichtlich Hängung der erste - ist eine dialogische Annäherung an den französischen Fotografen, angeregt durch die Einladung zur Teilnahme an der großen Molinier-Retrospektive im Musée des Beaux Arts in Bordeaux. Matthias Herrmann wählte für den aus fünf großformatigen Bildtafeln im Format von jeweils 100 x 80 cm die Bildsprache und Farbigkeit, die seit Ende der 80er für ihn ganz typisch ist: Der Körper spielt, wie in seiner ganzen Arbeit, eine Schlüsselrolle; durch die Zwischenschaltung eines Filters legt sich über die ganze Szenerie ein Farbschleier, im aktuellen Fall Pink sowie Gelbgrün. Gewissermaßen hinter diesem performt der Künstler, mal posiert er, einzig bekleidet mit halterlosen weißen Strümpfen, mal rollt er auf dem Rücken ab und hält der Kamera, Molinier zitierend, zentral seinen Anus entgegen. Schönes Detail: die Arbeit mit der Symmetrie. Bei Molinier kommt sie als Metapher der Gespaltenheit immer wieder zum Tragen. Herrmann erzielt sie durch den Einsatz von Doppelbelichtung.

Im Umfang wesentlich größer ist die zweite, teilweise in Blöcken gehängte Serie "Toscana". In diesen im Sommer des letzten Jahres entstandenen, ganz im Zeichen der Selbstinszenierung stehenden Arbeiten hat Herrmann erstmals den Schritt aus dem Schutz des Ateliers in den Außenraum gewagt. (Das Bindeglied zwischen beiden bilden seine während der letzten Jahre entstandenen "Hotel"-Serien.) Jetzt stellt die verträumte Landschaft der Toskana eine Naturkulisse bei, was für den Fotografen zwar einerseits eine Vorgabe bedeutet, andererseits aber auch ein breites Spektrum an Möglichkeiten eröffnet. Die einzigen nicht vorgefundene Requisiten sind nunmehr Perücken und Textilien: elegante Frauenkleider, Strapse, Strümpfe, Schürzen, Unterhosen mit Clowngesicht, die italienische Flagge. In sie schlüpft Herrmann, sie wickelt und hängt er sie sich um, wo immer der stramme Männerkörper nur Möglichkeiten bietet. Den Rest erfüllen Zweige und andere Fundstücke. Der Baum kann da zum Podest werden, der Ast zum Dildo. Alle Geschlechterrollen kommen zum Zug, am wenigsten aber die naheliegendste, die Drag-Queen.

Schrägheit und Komik lässt Herrmann in diesem Zyklus weitgehend außen vor - zugunsten einer eindringlichen Melancholie, die durch den ernsten, direkt auf die Kamera gerichteten Blick zusätzlich unterstrichen wird.

Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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Matthias Herrmann - Toscana & Molinier
11 - 24.06.2005

Kunsthandel Steinek
1010 Wien, Elisabethstraße 24
Tel: +43 1 512 87 59, Fax: +43 1 512 87 59
Email: galerie@steinek.at
http://www.galerie.steinek.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 11-17


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