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Konstruktive Provokation - Neues Bauen in Vorarlberg: Architekturwunder im Wandel

"Konstruktive Provokation" taufte Marie-Hélène Contal die Schau zum Vorarlberger Architekturwunder, die auf ihrer zweijährigen Frankreich-Tour 80.000 Besucher lockte und nun im AZW landete. "Radikale Region" wollte Otto Kapfinger titeln, was die komplexe Eigenart des Phänomens eher trifft, aber weniger gut klingt. Macht nix: das Konzept vermittelt die Entwicklung von Querdenkerkeimzellen zum baukulturellen Exportschlager bis 2002 sehr prägnant. 13 große, von Ignacio Martinez bebilderte Einstiegsportale sind thematisch relevante Eye-catcher und Kurztextträger, als Beweis hoher regionaler Handwerkskultur liegen sie gut in der Hand: wie Fensterläden kann man Gegenschüsse ausklappen, die Gebäude in ihren Kontext betten und dessen Architekturdichte erahnen lassen. Leichtgängig öffnen Laden den Blick auf mehr. Die Provokation begann klein. Junge Intellektuelle entdeckten in der örtlichen Hausbaupflicht die Chance zum neuen Lebensentwurf: offen, anspruchsvoll, ökologisch nachhaltig. Sie trafen auf engagierte Architekten, die ihnen in bestem Handwerk klare, moderne Häuser planten. Puristische Holzkuben mit hoher Lebensqualität: kluge Grundrisse, viel Glas, Balkone, wenig Energieverbrauch. In lapidarer Selbstverständlichkeit standen sie in den Bergen zwischen alten Stadeln und Höfen, machten Schule und infizierten bewusstseinsverändernd das "Musterländle". Bei den Pionieren steigt "Intelligenz der Kargheit" mit einem Wohnraum der Bludenzer "Halde" (Hans Purin 1964-66) ein. Freier Blick von der gedeckten Terrasse, eine oberlichthelle Holzdecke zwischen dunklen Trämen schaffen atmosphärische Qualität im rationalen Reihenhaus zwischen Scheiben. In den 80ern organisierte die "Cooperative Dornbirn" (Eberle/Juen/Koch/Mittersteiner) einen Selbstbau-Piloten: den kollektivraumreichen "Im Fang", dessen Primärkonstruktion die Bewohner selbst mit Wänden, Glas u.ä. füllten. Das Wunder mutierte zum Silicon Valley der Holzindustrie, Johannes und Oskar Leo Kaufmann erfanden transportable Mini-Fertigteilhaus Prototypen. Wohlstand und avancierte Bautechnologie brachten komplexere, größere Bauten, neue Materialien und Urbanität in Ortskerne. So bekam der Dornbirner Stadtbus eine moderne Station, Düns (Wolfgang Ritsch) und Hittisau ein Feuerwehrhaus (Cukrowicz-Nachbaur). Höchste Raffinesse in Schweizer Präzision verbreitet die Architektur von Dietrich/Untertrifaller (u.a. walch catering, Lustenau) und Baumschlager/Eberle (Ortszentrum Lochau). Beide stiegen zu Global Playern auf, die mit Schwechat und Stadthallenerweiterung nun auch Wien erobern.
Mehr Texte von Isabella Marboe

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Konstruktive Provokation - Neues Bauen in Vorarlberg
30.06 - 29.08.2005

Architekturzentrum Wien
1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 522 31 15, Fax: +43 1 522 31 17
Email: office@azw.at
http://www.azw.at
Öffnungszeiten: tägl. 10-19h


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