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Die nackte Wahrheit: Alles geile Säcke

Als hätten wir es nicht schon immer gewusst. Von wegen hehre Kunst! Um den "geistigen Coitus" ging es Anton Kolig in seinen Jungmännerakten! Und dass er "beim Zeichnen über den menschlichen Körper streicht und streichelt wie über eine Landschaft". Und Adolf Loos erst! Das Kreuz, Ursprung der abendländischen Kunst, als Abstraktion des - ja, richtig: Koitus (eh schon wissen: das liegende Weib, der es durchdringende Mann...). Alles geile Säcke. In Zeiten, in denen Allegorien und mythologische Darstellungen, seit alters her willkommene Vorwände für jede Menge Haut, allzu anachronistisch geworden waren und sich nackig auf den Oberleitungen der Straßenbahn räkelnde Personifikationen der Elektrizität eher lachhaft wirkten, gleichzeitig in Zeiten, in denen in Wien die Psychoanalyse entstand, bemühte sich die Kunst immer weniger, Vorwände für das Kleiderablegen der Modelle oder auch der eigenen, gerne auch zum Schmerzensmann stilisierten Person zu suchen. So kamen, wie man weiß, auch Klimts Fakultätsbilder für die Wiener Universität nicht wirklich überzeugend rüber, zumal sich Klimt erlaubte, auch alte Männer und Schwangere auszuziehen. Die Nacktheit stand dabei auch für das Wahre, Unschuldig-Offene, den Neustart der jungen Kunst. So ist völlig zu Recht auch Loos` Haus am Michaelerplatz Teil der Ausstellung, dessen jungfräulich-glatte Fassade eine Empörung hervorruf, die der um die Fakultätsbilder in nichts nachstand. Hier hätten auch die Skandale um die Kinderaktfotos von Loos` Bauherrn Theodor Beer und die Mädchenbildsammlung von Peter Altenberg eine Erwähnung verdient. Allein, welchen Nutzen zieht man aus dieser Ausstellung? Die psychologischen, damit auch erotischen Aspekte der Wiener Moderne sind schon öfters untersucht worden, die zwei Versionen von Klimts Plakat zur ersten Secessions-Ausstellung (mit und ohne überdruckten Hodensack) mehr als einmal gezeigt. Die erstere ist kompositorisch eigentlich sogar besser. Ist das Skandalöse womöglich gar nicht das Wichtigste?
Mehr Texte von Iris Meder †

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Die nackte Wahrheit
13.05 - 22.08.2005

Leopold Museum
1070 Wien, Museumsquartier
Tel: +43 1 525 70-0, Fax: +43 1 525 70-1500
Email: leopoldmuseum@leopoldmuseum.org
http://www.leopoldmuseum.org
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h


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