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© Elfie Semotan: Mut zum Pickel

Dramatisch geschminkt, oft in ebenso dramatisch ausgeleuchteten Räumen, möglichst nicht lächelnd. Ein fashion victim, das die Last der Welt mit sich trägt. So in etwa sieht das handelsübliche Foto der Nobelpreisträgerin 2004 aus. Elfie Semotans Aufnahme wirkt dagegen fast ketzerisch. Vor einem Fenster stehend, umgeben von allerlei Kram, scheint Elfriede Jelinek vielleicht mal ausnahmsweise an gar nichts Schlimmes zu denken. Links von ihr ein Kakadu, dessen Kontur auf ihre zu antworten scheint: Der Schopf des Vogels - Jelineks Haartolle, der Schnabel - ihre Nase. Selten hat jemand die Schriftstellerin so unverschämt witzig abgelichtet. Fotos wie dieses unterscheiden sich in ihrer Lockerheit und scheinbaren Zufälligkeit gravierend von denen, für die Semotan eigentlich bekannt ist: Ihre Modofotografien sind durchdacht komponiert, schrecken vor Artifizialität nicht zurück und deklinieren eine ganze Latte von stereotypen Frauenbildern durch. Das böse Mädchen. Die unbewegliche Puppe. Die vollbusige Sekretärin. Die augenverdrehende Femme Fatale. Die reine Schönheit. Und so weiter. Oft lehnt sie sich dabei an kunsthistorische Topoi an, einmal imitiert sie Anna und Bernhard Blumes "Küchenkoller" mit einer nicht gerade hausfrauenartigen Claudia Schiffer. All das ist es aber nicht unbedingt, was Semotans Arbeiten aufregend macht. Ihr Mut zum Makel ist es, der diese Modefotografien von anderen unterscheidet. Gewiss, irgendwann kamen die Herren Teller und Tillmans, die, noch ein bisschen im Windschatten von Grunge, ungeschminkt und unausgeschlafen schick fanden. Deren Nonchalance, deren Liebe zum Trash teilt Semotan allerdings nicht. Schön ist hier, wer Falten hat (wie das alte Model in einer Schmuckserie für Vogue), Hautrötungen, Dellen, Pickel, kurz: Alles, was jene Modemagazine, für die Semotan arbeitet, eigentlich strikt verbieten. Ihr deshalb Subversivität zu unterstellen, wäre zwar etwas zu hoch gegriffen. Dennoch: Gerade dieses Changieren zwischen Künstlichkeit und Offenlegung körperlicher "Schwächen" relativiert das Supermodel-Bild ein wenig. Und damit den ganzen Modebetrieb.

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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© Elfie Semotan
18.02 - 01.05.2005

Universalmuseum Joanneum
8010 Graz, Neutorgasse 45 A
Tel: +43 316/8017-9660, Fax: +43 316/8017-9669
Email: post@museum-joanneum.at
http://www.museum-joanneum.at/
Öffnungszeiten: Di - So 10:00 - 18:00, Do 10:00 - 21:00


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