Herbert Brandl - Retrospektive: Die Landschaft, die Farbe, der Raum

Manchmal ist die Farbe rot und so dick aufgetragen, dass sie aufplatzt und darunter gelbe Pigmente entblößt. Wie eine Kraterlandschaft schaut das dann aus. Oder sie kommt silbern aus der Spraydose und verteilt sich über die ganze Leinwand. Und strahlt dann gemeinsam mit dem gelben Untergrund fast ein bisschen sakral. Dann wieder ist sie sehr vereinzelt unterwegs, fast monochrom, verschwommen, Schicht über Schicht. Oder stürzt als dunkelgrauer bis schwarzer Wasserfall bodenwärts. Herbert Brandls Malerei ist Malerei über Malerei. Möglichkeiten der Farbe, der Form und des Raumes werden da - ausgehend von der Landschaft - ausgelotet: Wie verhalten sich die roten oder gelben Farbspritzer auf dem schwarzen Fleck zueinander und zu ihrem Hintergrund? Wohin zieht es den Blick in einem Bild, in dem sich lila-rosa-rot verschiedene Räume auftun? Und wie sieht der Raum aus in einer Leinwand, die zu zwei Dritteln mit Schwarz bedeckt ist und dahinter sind grünlich-gräuliche Farbschlieren? Manchmal wird es dabei gar ein bisschen zu spirituell, etwa wenn das Licht ausschaut, als wäre es die Sonne nach einem Gewitter, die durch die Wolken bricht. Brandls Malerei ist nicht in hermetische \"Phasen\" oder \"Perioden\" einzuteilen - er malt quer durch die Jahrzehnte immer wieder ähnliche, vergleichbare Bilder. Dem wird glücklicherweise in der Ausstellung von den Kuratoren Günther Holler-Schuster und Peter Weibel Rechnung getragen: Anstatt eine Laufbahn im konventionellen Sinn zu konstruieren, werden Bilder, deren Entstehung oft mehr als 15 Jahre auseinanderliegt, im selben Raum präsentiert. Vor 17 Jahren schrieb Peter Weibel, Herbert Brandl male \"gegen die Zeit, um die Zeit, mit der Zeit\". Die Retrospektive bestätigt es.

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!

Herbert Brandl - Retrospektive
15.06 - 25.08.2002

Neue Galerie Graz am Landesmuseum Joanneum
8010 Graz, Sackstrasse 16
Tel: +43 316 82 91 55, Fax: +43 316 81 54 01
Email: post@neuegalerie.stmk.gv.at
http://www.neuegalerie.at
Öffnungszeiten: Mo-Sa 9-18, So 9-12 h

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum