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René Magritte: Träumen in der Kathedrale

Pfeife, Melone, Schriftbilder, Reich der Lichter, Wolken, Himmel, Steinblöcke. Verkehrte Welten. Alles da. Über 70 Hauptwerke René Magrittes, einige davon Meisterwerke, hat das BA-CA-Kunstforum unter dem Titel "Der Schlüssel der Träume" zur Personale des belgischen Surrealisten zusammengeführt. Der Schwerpunkt dieser Auswahl, die sich gleichermaßen aus Leihgaben von Privatsammlern wie auch von Museen zusammensetzt, liegt auf den Jahren 1926/28. Also dem Zeitraum, der zum einen dem relativ späten Zusammenschluss fünf belgischer Künstler, Dichter und Musiker zur nationalen surrealistischen Bewegung folgte und in dem Magritte zum anderen selbst für drei Jahre nach Paris übersiedelt war, um dort im Kreis der französischen Surrealisten zu verkehren. Dieser Parisaufenthalt sollte zu einem unglaublichen Output führen. Allein in der Vorbereitung auf seine Einzelausstellung in der Brüsseler Surrealistengalerie Le Centaure im April 1927 entstehen 49 wichtige Arbeiten. In dieser Phase arbeitet Magritte die für ihn so charakteristische Bildsyntax aus: Die Isolierung einiger weniger Elemente, ihre In-Beziehung-Setzung innerhalb eines genau definierten Raums, deren an die Gesetze des Traums erinnernde Kombinationen, eine maximal neutralisierte, im Kern realistische Malweise. Die übersichtlich gehängt Wiener Schau illustriert zwar nicht die Genese dieser Syntax, dokumentiert aber umso eindringlicher in analytischer Weise deren Elemente. So scheint wohl das mehr als schwierige Entree des Kunstforums, dessen zentrale Marmornische jedes Mal aufs neue an einen Altar erinnert, auf eine Schau der Highlights einzustimmen, aber gleich im linken kleinen Nebenraum wird Magritte dezidiert und deutlich in seiner Sprachlichkeit präsentiert. Da findet sich etwa das verdoppelte Bildnis des Paul Nougé, Kopf der belgischen Surrealisten (1927). Oder das Steine wie kopflose Körper durchziehende Aderngeflecht von "Das Blut der Welt" (1927), das Magritte auch in fast zeitgleich entstandenen Bildern wie "Landschaft" oder "Der Wald" wiederaufgreift. In seiner Papierschnittwesenhaftigkeit wiederum kommt "Der Geist des Komischen" (1928) daher wie ein Jahr zuvor das - im Hauptraum gehängte - "Ornat des Sturms". Der große Hauptraum führt diese Analyse fort, in der einen Hälfte mit einer Reihe verfremdeter Figurendarstellungen, in der anderen einer Parade gespenstisch unleiblicher Formationen, und versammelt dann in der kleinen rückwärtigen "Apsis" des Saals eine konzise Auswahl jener be- und verschrifteten und in Segmente unterteilten Bilder, die Jahrzehnte später für die Künstler der Pop- und Konzept-Art zu Referenzwerken werden sollten: darunter "Der Verrat der Bilder" aus 1928/29 (mit der legendären Aufschrift "Ceci n?est pas une pipe") oder einigen Varianten des "Schlüssels der Träume" (1930), jener Gruppe, die der Ausstellung den Titel gab. Damit ist die surrealistische Kunst des René Magritte im Grunde perfekt auf den Punkt gebracht. Die zweite Hälfte der Schau im "Langteil" des Ausstellungshauses bringt einige Beispiele aus dem Spätwerk, in dem Magritte wohl seinem unverwechselbaren Malstil treu blieb, bisweilen aber einer artifiziell-manierierten Bildsprache verfiel. Dennoch liefert er selbst schöne Gegenbeweise, etwa mit der späten Serie der Lichthäuser ("Die Stimme des Blutes", die Varianten von "Das Reich der Lichter", alle 1961/62) oder der geheimnisvollen vexierbildähnlichen "Blankovollmacht" (1965), einem seiner letzten großen Bilder, das in seiner Segmentierung fast schon Op-Art-Charakter hat.
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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René Magritte
06.04 - 24.07.2005

BA-CA Kunstforum
1010 Wien, Freyung 8
Tel: +43 (1) 537 33/10-17
Email: office@kunstforum-wien.at
http://www.kunstforumwien.at


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