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Cerith Wyn Evans - 299.792,458 km/s: "Verunsicherung festgefahrener Wahrnehmungsmuster"

Die Brille: amorphe Glastropfen. Die Nase: Schweinchen Dick. Die Stirn: Ein Fötus. Zu eitel darf man nicht sein, wenn man sich Cerith Wyn Evans? (hinlänglich bekannte und auch schon wieder neun Jahre alte) Arbeit "Inverse, Reverse, Perverse" anschaut und damit sich selbst: Je näher man dem riesigen Konkavspiegel kommt, desto verwirrender und schwindelerregender wird die Angelegenheit. Zunächst steht man mitsamt der Edelboutique, die man durch den Eingang der BAWAG Foundation sieht, auf dem Kopf, dann dreht man sich plötzlich wieder - im Gegensatz zum Hintergrund - um und bedeckt den ganzen suppentellerförmigen Spiegel, um sogleich wieder kleiner zu werden. Vor nicht ganz drei Jahren setzten Holger Liebs und Jörg Heiser gleich an Platz eins ihrer Worst-of-Kunstkritik-Liste die Floskel von der "Verunsicherung festgefahrener Wahrnehmungsmuster", die der zeitgenössischen Kunst häufig zugesprochen wird. Hier trifft sie ausnahmsweise zu: Optisch wie physisch irritiert der Spiegel tatsächlich schwer, man scheint selbst im Raum zu schweben. Nüchtern und etwas unbedeutend kommt dagegen die titelgebende Neonschrift daher, die auf die Lichtgeschwindigkeit anspielt. Da hilft auch nicht recht viel weiter, dass es sich angeblich um ein Porträt der großartigen Godard-Schauspielerin Anna Karina handelt. Wyn Evans, so heißt es, sampelt assoziativ, das scheint dann aber manchmal auch schon alles zu sein. Was bedeuten etwa Bilder von Autoausstellungen, die von Big Band-Musik begleitet werden, oder Leuchtreklamen in Megacities, Wüstenlandschaften, die von Gittern überblendet werden oder helle Wohnräume, in die der umgebende Garten einzudringen scheint? Gut, wir wissen, dass die Musik aus der Sammlung des Architekten Luis Barragán stammt, wir wissen, dass manche der Fotos sein Wohnhaus abbilden: Bezüge, soweit das Auge reicht. Und dennoch hängt die Diashow wenig aussagekräftig in der Luft. Beeindruckender ist der pompöse Kronleuchter, der John Cages "Writings" morst - eine schöne Metapher für das Unvermögen, verschlüsselte Botschaften zu verstehen, in den öffentlichen Raum gesandt. Das mit den verunsicherten Wahrnehmungsmustern lassen wir jetzt aber.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Cerith Wyn Evans - 299.792,458 km/s
10.03 - 07.05.2005

BAWAG Foundation
1040 Wien, Foundationsquartier, Wiedner Hauptstraße 15
Tel: +43 1 504 98 80 38, Fax: +43 1 504 98 80 39
Email: foundation@bawagpsk.com
http://www.bawag-foundation.at
Öffnungszeiten: Di bis So, feiertags 11 bis 18, Do bis 20 Uhr


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