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Werner Reiterer - "Platzebo": Lachen im ersten Stock

Vor dem Haus steht ein Tanklastwagen. Der Fahrer sitzt im Führerhaus und döst. Die Jause liegt auf dem Beifahrersitz. Man hört wie das Radio läuft und die Pumpe hört man auch. Dass sie kein Heizöl sondern Lachgas befördert, kann man der Aufschrift auf dem Tank entnehmen. Auch pumpt der Schlauch nicht in den Keller, sondern in den ersten Stock. Im Inneren des Museums findet man dort tatsächlich einen Schlauchstutzen. Er ragt aus der Wand und entläßt permanent seinen nebeligen Schwall. Dass dennoch kein Gelächter durch die Räume zieht, liegt möglicherweise an den Ausdünstungen des Kubin-Kabinetts im gleichen Haus. Oder auch an Werner Reiterers Installationen selbst, von denen noch zehn weitere als große Konzept-Tableaus im ersten Stock zu sehen sind.

Sie alle kommen oberflächlich leicht als architektonische Scherze daher, werden durch ihren insistierenden Realisierungswunsch aber so unheimlich wie ein Prater-Vergnügen. Da ist zum Beispiel der Tankwagen, der vor dem Haus steht. Er ist echt alt, aber durch seine Renovierung gleicht er einem Playmobil-Vehikel. Der dösende Fahrer ist ein täuschend echtes Puppenimitat des Künstlers. Bis ins Detail geht daran die Manipulation: die Armbanduhr des Fahrers tickt zwar, ist aber bei zwanzig vor sieben fixiert.

Hintersinnig ist auch der Titel der Installation, "Platzebo". Das gleichklingende Placebo (ein Medikament ohne Wirkungstoff, lat. "ich werde gefallen") wird anders geschrieben. Ob der Titel also "ich werde platzen" bedeutet? Wenn ja, ist möglicherweise das Museum als ganzes gemeint: Schließlich erging die Einladung an Werner Reiterer anläßlich des diesjährigen Jubiläums "150 Jahre Landesgalerie". Reiterer war aufgefordert, "ein Kunstprojekt im öffentlichen Raum als Thematisierung des Baukörpers der Landesgalerie und ihrer (musealen) Funktionen zu realisieren". Möglicherweise ist mit "platzen" aber auch der sich gegen sein Lebensende krass aufblähende Dichter Adalbert Stifter gemeint. Auch er feiern dieses Jahr Jubiläum: 200. Geburtstag. Und obendrein hat justament Adalbert Stifter die Linzer Landesgalerie iniitiert. Wie man hört, soll Lachgas übrigens einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen.

Mehr Texte von Vitus Weh

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Werner Reiterer - "Platzebo"
07.04 - 26.10.2005

Landesgalerie Linz
4010 Linz, Museumstrasse 14
Tel: +43 732 7720 52200, Fax: +43 732 7720 252199
Email: galerie@landesmuseum.at
http://www.landesgalerie.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-21 h


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