Werbung
,

Selbstbild - Der Künstler und sein Bildnis: Autoporträt und Autorporträt

In der Romantik, so heißt es bei Walter Benjamin, gab es eine strenge Unterscheidung zwischen einem "Denken des Selbst" und einem "Denken des Ich". Hätte sich die Moderne nur diese feine Differenzierung in ihre vielen Manifeste geschrieben! Ihre Ego-Kulte haben verstellt, dass mit dem Selbst etwas anderes gemeint ist als jene Unhintergehbarkeit, die um den eigenen Nabel kreist. Und genauso sieht sie dann auch aus, die Moderne speziell in ihrer klassischen Version. Die Ausstellung, die in der Gemäldegalerie der Wiener Akademie unter dem Titel "Selbstbild. Der Künstler und sein Bildnis" firmiert, ist ihrerseits von derlei subtilen Unterscheidungen frei. Es bleibt also bei einer Revue von Beispielen, bei denen der Dargestellte und der Darstellende in eins fallen (dass die Personalunion meist männlich daherkommt, darf man bei vormodernen Exemplaren voraussetzen; Sofonisba Anguissola und Anna Dorothea Therbusch heißen, so auch diesmal, die einschlägigen Ausnahmen). Ein Drittel der Versammlung bestückt die Akademie aus eigenem Fundus. Die Nachbarn halfen dazu aus, auch wenn sich etwa das Kunsthistorische Museum von den Highlights der Branche, etwa Parmigianinos Virtuosenstück mit Spiegel, natürlich nicht trennte. Dennoch gibt es schöne Einzelfälle, zum Beispiel den "Bilderverkäufer", als den sich der Spanier José Antolinez darbietet, eine Leihgabe der Alten Pinakothek. Und es gibt schöne Kombinationen. Anthonis van Dycks im Zustand der Frühpubertät fixiertes Konterfei ist etwa vis-à-vis des Porträts zu hängen gekommen, das Peter Paul Rubens zur selben Zeit von seinem dereinst bedeutendsten Schüler anfertigte. Beginnend bei den Biedermeiern und endend mit Kolo Moser kommt dann auch die moderne Reflexion ins Spiel. Was nicht ins Spiel kommt, sind die Fragen dazu. Wer malt eigentlich den Fremderen, derjenige, der sich selbst oder der jemand anderen aufs Bild bringt? Und wie ist das mit einer Beobachtung, die immer schon die eigenen Mittel im Auge hat und damit kaum noch Gelegenheit, auch das Motiv, sich selbst, von der Seite zu sehen? Und wofür malt man sich selbst, wenn man auch im anderen immer sich selbst malt? Benjamin traf seine Unterscheidung übrigens in der Dissertation über die "Entstehung der Kunstkritik". Sieht so aus, als hätte eine solche Kritik noch reichlich zu tun.
Mehr Texte von Rainer Metzger

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Selbstbild - Der Künstler und sein Bildnis
19.11.2004 - 20.02.2005

Aula und Ausstellungsräume der Akademie der bildenden Künste
1010 Wien, Schillerplatz 3
Tel: +43 1 58816-836
Email: info@akbild.ac.at
http://www.akbild.ac.at
Öffnungszeiten: täglich 11.00-18.00


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: