Franz Hubmann - "Der Chronist des Wesentlichen": Künstler in kurzen Mänteln
Eine Modefotografie für den Quelle-Katalog der Wintersaison 1954? Nein, dazu sitzen die Trenchcoats der souverän in verschiedene Richtungen blickenden vier Männer doch zu leger. Zu sehen sind vielmehr die vier Gründerväter des Phantastischen Realismus, Helmut Leherb, Anton Lehmden, Wolfgang Hutter und Rudolf Hausner. Das großartige Foto, das die Abgebildeten nicht mehr inszeniert, als sie es selbst tun, ziert nicht umsonst den Flyer der Franz-Hubmann-Retrospektive. Im Abbilden der condition humaine in ihren verschiedensten Ausformungen liegt die größte Stärke des Mitbegründers und leitenden Bildredakteurs der legendären Zeitschrift "magnum". Ganz klar war das Periodikum auch dem Stil der gleichnamigen Bildagentur Henri Cartier-Bressons verpflichtet: der meist schwarzweißen Reportagefotografie, getragen von tiefem Humanismus und einem Streben nach Wahrheit ohne romantische Verklärung. Anders als bei Cartier-Bresson steht das Anekdotische bei Hubmann dabei nicht im Vordergrund. Seine Fotografien stellen demgemäß weniger den entscheidenden Augenblick dar als Momente charakteristischer Seinszustände. Obwohl sein Werk viele Künstlerportraits umfasst, würde man ihm nicht gerecht, wollte man Hubmanns Arbeiten in erster Linie als Dokumentationen von "Szene" rezipieren. Sicher: Da sieht man in den Serien aus dem Club Gutruf und dem Café Hawelka neben Größen (und Breiten) wie Helmut Qualtinger und Fatty George den blutjungen Friedrich Achleitner oder heute vergessene Szenenfiguren wie "Putzi von Preuss" (wer hieße heute noch so!). Aber es geht, trotz der faden Kommentare der Hubmann-Interpreten in der Video-Dokumentation, um mehr. Da schlägt der neunzigjährige Fotograf seine Kommentatoren um Längen. Einen Druckknopf am Revers wünscht er sich, mit dem er, was es lohnt, einfach so jederzeit dokumentieren kann. Das wollen wir ihm, neben vielen weiteren produktiven Jahren, auch wünschen.
03.10 - 07.11.2004
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