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Marlene Dumas, Marijke van Warmerdam - Hin und weiter: Unstimmig

Marlene Dumas und Marijke van Warmerdam sind ein eingespieltes Team. Eindrucksvoll bewiesen haben die beiden das an der Venedig-Biennale 1999, als sie die Niederlande gemeinsam mit Maria Roosen im Länderpavillon repräsentierten, mit einer schön verzahnten Installation aus Malerei, Film und Skulptur. In der aktuellen Bawag-Ausstellung will dieses Ausstellungsmodell allerdings nicht so recht aufgehen. Das fängt beim Titel an - "Hin und weiter" lässt wohl einige Assoziationen zu, sagt letztlich aber doch nicht viel aus - und setzt sich bei Marijke van Warmerdam fort, die sich angesichts des Resultats besser beschränkt hätte. Sie enttäuscht mit einer Reihe großformatiger Farbfotos, dien an Kraft bei weitem nicht an ihre Filme heranreichen, belässt es aber nicht dabei, sondern setzt noch mit einigen eher peinlichen Skulpturen nach. Darin zitiert sie die künstlerische Tradition der Niederlande und spielt ziemlich verkrampft mit der Begrifflichkeit des "Stillebens" - "Natura morte". Eindruck hinterlässt Marijke van Warmerdam allerdings mit drei außergewöhnlichen Filminstallationen. Gleich im Entree, riesenhaft projiziert: "Met Losse Handen", die Aufnahme eines Radlers, der freihändig durch die holländische Gegend fährt. Spannend ist der gewählte Standpunkt: Wer fährt, bleibt komplett ausgeblendet, es entsteht der Eindruck, das gefilmte Bild wäre das gesehene. So viel Bildlichtkeit setzt Warmerdam am anderen Ende der langen Ausstellungshalle mit "Passage" eine medienreflexive abstrakte Installation entgegen, im Loop wird hier auf ein abwechselnd weißes und schwarzes Rechteck ein- und ausgezoomt, Projektionsfläche ist ein knapp vor die Linse gespannte Papierblatt: Der Screen als Zeichnungsfläche, die Lichtzeichnung als Projektion. In der letzten Ecke des Kellers schließlich zittert und wackelt in einer ungemein poetischen Filminstallation ein Kirschblütenzweig. Eine amüsante Draufgabe ist der Titel: "The Fuck". Mit all dem hat nun Marlene Dumas? Beitrag sehr wenig zu tun. Ihre Thematik ist der Tod. Dabei interessiert sie weniger die Unausweichlichkeit des Ereignisses als der Märtyrertod. Trotz der Brisanz des Themas lässt Marlene Dumas jeglichen politischen Kommentar außen vor. Statt dessen fordert ihre Malerei, indem sie Bezug nimmt auf unterschiedlichste Bildmedien - vom Altarbild bis zum Zeitschriftencover -, einen kritischen Umgang mit dem Wahrheitsanspruch der Massenmedien ein: "Lucy", "Alfa", "Stern": jedes Bild des souverän wie immer gemalten Triptychons zeigt ein auf dem Boden liegenden Frau, der Bildausschnitt lässt die Köpfe wie abgeschnitten wirken. Neben einer Heiligen "Lucia" zeigen die anderen beiden Gemälde Frauen, die für politische Ideale den Märtyrertod wählten: Die Tschetschenin, die beim Sturm auf das Moskauer Theater von einer "Alfa"-Einheit getötet wurde. Ulrike Baader-Meinhof, gemalt wie sie am Cover des "Stern" abgebildet war. Vom gewaltsamen Tod handeln vier wässrig gemalte Tuscharbeiten. Memento mori-Darstellungen schließlich zitiert ein kleines Stilleben mit totem Fisch. Zusammen mit Marijke van Warmerdams an eine Totenglocke gemahnenden Spiegelskulptur hängt es über dem Stiegenabgang. Einzig hier geht die Idee der Zusammenarbeit annähernd auf.
Mehr Texte von Johanna Hofleitner

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Marlene Dumas, Marijke van Warmerdam - Hin und weiter
10.09 - 06.11.2004

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