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Mein rechtschreiberisches Manifest

In unheiliger Allianz waren sich "Spiegel" und "Bild" wahrscheinlich erstmals einig: die neue Rechtschreibung ist pfui - die alte war hui. Und schon wogte das deutschländische Gemüt am Rechtschreibdisput hoch und höher. Sogar bis hinauf zum mehrfachen Leitartikel. Selbst Kleinpolitiker, Lehrer, Tischler, der Bundeskanzler, ein österreichischer Ex-Stadtschulratspräsident und unterbeschäftigte Generäle bezogen inbrünstig Stellung. Inklusive dem dumpfen Ruf nach einer orthografischen Volksabstimmung wurde absolut nichts ausgelassen. Deshalb war es letztwöchentlich auch und erst recht für einen Glosseur unentschuldbar, sich nicht rechtschreiberisch zu äußern. Also entschulde und äußere ich mich zwar spät aber doch bei den LiebhaberInnen oder AblehnerInnen meiner glossischen Tätigkeit mit meinem ganz persönlichen Manifest. Doppelpunkt: In Anbetracht der Tatsache, dass ich meist ein sinnliches Vergnügen an meinen Fabulierformulierungen habe, werde ich ab sofort diese Schreiberotik insofern steigern, dass oder als ich alle Rechtschreibregeln sowohl in Frage als auch infrage stelle. Ich werde mir z.B. erlauben - so ich das Wort demnächst benötige - Schifffahrt mit fff zu schreiben, wenn ich auf oder an einer solchen Freude hätte, und ich werde Schiffahrt mit ff verwenden, wenn dafür eine unerquickliche medizinische oder politische Notwendigkeit bestünde. Für mich werden z.B. Kloaken ineinander fließen, Milch und Honig aber ineinanderfließen. Mit anderen Worten - wenn die einen so schreiben und die anderen nicht so schreiben, habe ich mich mit diesiger Glosse spontan entschlossen, sowohl als auch zu schreiben. Ich spüre bereits, daß ich mit großem Vergnügen - deshalb gleich einmal dieses "daß" - mein Manifest in die Tat umsetzen werde. Ich rate deshalb oder daher allen Gleichgesinnten es mir gleich gleichzutun - oder selbstverständlich auch gleich zu tun - vielleicht sogar, allerdings nur wenn es regnet, gleich zutun. Glaubt mir liebe Freunde und Freundinnen - das Schreiben macht ab sofort viel mehr weil aufmüpfigen Spaß.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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