Rainer Metzger,
Handlungsanweisungen: Performativer Widerspruch
Es gibt Situationen, da passiert immer genau das Gegenteil von dem, was man will. Wenn der Polizist etwa zu den Passanten sagt "gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen", dann kann er Gift drauf nehmen, dass die Leute stehenbleiben. Und wenn einer seine Rede mit einem "meine Damen und Herren, ich fasse mich kurz" anfängt, dann ist sie eben dadurch schon länger geworden. Der deutsche Philosoph Karl-Otto Apel hat diesen Mechanismus in den schönen Begriff "performativer Widerspruch" gekleidet. In den Auftritten selbst liegt die Wurzel des Versagens.
Die "Handlungsanweisungen", mit denen die Kunsthalle Wien nun hundertfach den Karlsplatz möbliert, sind ihrerseits solche Auftritte. Gelbe Schilder weisen die Vorübergehenden darauf hin, dass es sich bei diesen Markierungen erstens um Kunst handle (Titel der Veranstaltung: "What is Art good for?" - ja, für was eigentlich?) und zweitens darum, künstlerische Ideen dergestalt zu befolgen, dass sie eine praktische Umsetzung bewirken.
Im Sprung von erstens zu zweitens ist allerdings die wie auch immer schöne Absicht verlorengegangen. Denn wenn Werner Reiterer in beflissenster Benutzerfreundlichkeit dazu anhält, "Diesen Leuchtmasten von oben bis unten bepissen", dann steht dem nicht nur die Schwerkraft, sondern auch eine Erfahrung entgegen, mit der einst schon Duchamps Urinoir spielte: Bei Kunst bleibt das Werkzeug in der Hose.
Die hundert Künstler, teils Lokalmatadoren wie Erwin Wurm oder Elke Krystufek, teils Teilnehmer an den Präsentationen der Kunsthalle wie aktuellerweise Yinka Shonibaren oder, länger her, Louise Bourgeois, denken sich durchaus etwas Lustiges aus oder etwas Absurdes. Und sie versuchen, dem Widerspruch zu entkommen, indem sie frontal ins Dasein greifen: Gerwald Rockenschaubs "genieße das Leben" klingt gut, beherzigenswert auch Juergen Tellers "be faithful to your wife". "Ornamental herumgehen", wie Wolfgang Capellari rät, ist auch nicht schlecht.
Esther Stocker schließlich zielt mitten hinein ins Paradox: "Beachten Sie keine Handlungsanweisungen". Vielleicht ist das als Meta-Ebene gemeint. Doch es ist genau das, was sich vor Ort abspielt.
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Handlungsanweisungen
21.11.2002 - 21.11.2004
Kunstplatz Karlsplatz
1040 Wien,
http://www.karlsplatz.org
21.11.2002 - 21.11.2004
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