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Vera Frenkel: Arbeit an der Katastrophe

In Deutschland haben sie jetzt ein Projekt aufgegriffen, das auf der anderen Seite des Rheins für Furore sorgte. Dort, in Frankreich, initiierte Pierre Nora eine höchst erfolgreiche Gedanken- und Buchreihe, die sich den \"lieux de mémoire\", den nationalen Erinnerungsorten, widmete. Pantheon und Walhalla, Lascaux und Kölner Dom kommen nun in Parallelaktion dran, man weiß plötzlich sogar, wo Alesia liegt, und daß Weimar und Buchenwald von fünf Kilometern Luftlinie getrennt sind. Mit ihrer aufwendigen, vergrübelten, schwierigen und eindringlichen Installation bei Georg Kargl, der einmal mehr vorführt, was Galerien können, wenn die staatlich alimentierten Häuser nicht wollen, bietet Vera Frenkel nun den Österreichern einen Erinnerungsort an, der eklatanter nicht sein könnte. \"Body Missing\", so der Titel des 1994 begonnenen Work in Progress, gemahnt an Linz und an den Ober-Österreicher im Jahrhundert des Totalitarismus, der dort sein Kulturmausoleum errichten wollte. Das \"Führermuseum\" sollte Hitlers spezielles \"Musée Napoléon\" werden, mit Beutegut aus der ganzen, nunmehr auf NS-Uniform gestutzten Welt. Vera Frenkel, in Bratislava geboren und heute Kanadierin, begegnet dem Problem des Bilderarchivs mit der Strategie des Archivbildes. Auf sechs Monitoren laufen ebensoviele Video-Tapes ab, in denen Aufnahmen aus Linz, die die Künstlerin vor Ort erledigte, mit Material der Dreißiger und Vierziger sowie Reproduktionen jener Meisterwerke, die sich der Diktator unter den Nagel reißen wollte, zusammenmontiert sind. Zusätzlich liegen Leuchtkästen im Raum, die Videostills und Fotonegative zeigen, Kästen, als wären es Särge, Raumfüller allerdings ohne rechten argumentativen Belang. Doch es ist sowieso der Ton, der hier die Moral macht. Ein unermüdlich skandiertes \"Maikäfer, flieg\" dröhnt durch die Räume. Pommerland ist abgebrannt, und mit der zeitlos erscheinenden infantilen Weisheit dieser Zeile in den Ohren ist das, was man historisch kennt, immer schon angelegt in dem, was man aktuell sieht. Es ist die Katastrophe. Bekanntlich kann man wegsehen, aber nicht weghören. Und das akustisch Wahrgenommene kann man auch schlechter verdrängen. www.yorku.ca/BodyMissing
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Vera Frenkel
16.11.2001 - 15.01.2002

Galerie Georg Kargl
1040 Wien, Schleifmühlgasse 5
Tel: +43 1 585 41 99, Fax: +43 1 /585 41 99-9
Email: office@georgkargl.com
http://www.georgkargl.com
Öffnungszeiten: Mi-Fr 13-19
Sa 11-16h sowie nach Vereinbarung


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