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Unser Mann im Parlament

Man muss ja nicht gleich den alten Traum vom Philosophen auf dem Königsthron bemühen, aber dass jetzt auch wir vom Kunstbetrieb Gesetze mitbestimmen und Gewalten mitteilen dürfen, freut uns dann schon. Wolfgang Zinggl ist unser Mann im Parlament, ein Kritiker, ein Kurator, ein Künstler gar. Nachdem Carlo Giulio Argan, der Kunsthistoriker, der es zum Bürgermeister von Rom brachte, oder André Malraux, der Kunstminister de Gaulles, schon lange her sind, ist es das selige Prinzip des Nachrückens, das den Geist nunmehr wieder an die Macht anschließt. Platz drei auf der Landesliste der Grünen in Tirol: So entstehen Karrieren. Jetzt aber ganz ohne Ironie. Zinggl kann sich mit seinem Nationalratssitz etwas antun, was die vielen politisch Bewegten im Kunstbetrieb sich bestenfalls anmaßen. Im Gegensatz zur modischen Anti-Global-Betroffenheit besitzt Zinggls Engagement die gelinde Qualität eines Mandats. Er ist legitimiert, wo die versammelten Künstler und Kuratoren sich, wenn es ums Soziale und Gesellschaftliche geht, ausschließlich expressiv verhalten und zu den vielen Priviliegien, die sie haben, weil sie mit Kunst hantieren, auch die Herausgehobenheit und Prominenz ihrer politischen Meinung zählen. Zinggl hat von solchen Idiosynkrasien nie viel gehalten. Es hat ihm allerhand Kritik eingetragen, dass er das Künstlerische immer unter dem Aspekt seiner politischen Instrumentalisierbarkeit sah. Seine Projekte mit der "Wochenklausur" setzten Kunst ein, weil sich unter ihrem Siegel und dem Prestige, das es bedeutet, Dinge durchsetzen ließen, vor denen die Administrationen ansonsten drei schwere Kreuzzeichen geschlagen hätten. Den Betroffenen und Gefühlsbetonten galten Zinggls Strategien als Zynismus. Doch hat die Wochenklausur jene Kunst des Machbaren gerade vorgeführt, die vor den Maximalpositionen des Autonomiebegriffs normalerweise keine Chance haben, überhaupt wahrgenommen zu werden. Wer von der Kunst kommt, glaubt an die faktische Kraft des Normativen. Kunst ist eines der letzten Refugien von solchen Instanzen wie Autorität und Reputation. Insofern darf man gespannt sein, ob Zinggls Arbeit tatsächlich den Normen gelten wird oder ob sie, wie so vieles zwischen Lobbyismus und ständestaatlicher Interessensvertretung, versandet in den Maßnahmen. Sollte es Sinn machen, dass einer von der Kunst kommt, dann darf er Normativität nicht scheuen.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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