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Into The Woods - Annäherungen an das Ökosystem Wald: Myth-Buster

Dunkel, wild und gefährlich war der Wald für die Menschen über viele Jahrhunderte. Erst in der Romantik wandelte sich das Bild und der Wald wurde zum Sehnsuchtsort, der ein Leben in und mit der Natur versprach. Dabei waren die Wälder gerade im 19. Jahrhundert von massiver Abholzung betroffen, denn die Industrialisierung brauchte Brennmaterial für ihre Dampfmaschinen. In den 1960er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts machte der wieder aufgeforstete Wald Schlagzeilen, als der Saure Regen weite Bereiche in Nordamerika und Europa schädigte. Gleichzeitig markiert dies den Beginn der Umweltschutzbewegung auf breiter gesellschaftlicher Basis.

Die Bedeutung der Wälder für die Artenvielfalt auf der Erde und ihre Auswirkungen auf das Klima können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das KunstHausWien thematisiert dies  - jenseits jeder mythologischen Verbrämung - in seiner Ausstellung Into The Woods im Rahmen der Klima Biennale Wien. 19 Künstler:innen präsentieren auf zwei Ausstellungsebenen Projekte, die sich mit dem Wald als komplexes ökologisches System auseinandersetzen.

Gleich im Hof des KunstHausWien kann man einen Atemzug Waldluft nehmen. Dort hat Markus Jeschaunig seinen begehbaren „Mooshelm“ installiert, an dessen Innenwänden eine Waldlandschaft im Kleinformat mit Moosen und Farnen wächst. Auf der Ausstellungsebene im zweiten Stock hat Rodrigo Arteaga einen großen abgebrochenen Ast aus dem Wienerwald in ein feingliedriges Holzgerüst eingebettet. An einzelnen Stellen geöffnet oder in Scheiben geschnitten, will Arteaga mit dem Stück Totholz die natürlichen Zyklen des Wachsens und vergehens sichtbar machen. Einen kleinen Wald aus Baumstämmen haben Anca Benera & Arnold Estefán installiert. Im Zentrum thront auf einem Baumstumpf die Nachbildung der Saliera von Benvenuto Cellini aus dem Kunsthistorischen Museum Wien. Das im Jahr 2003 entwendete Kunstwerk wurde schließlich in einem Wald im niderösterreichischen Waldviertel wiedergefunden. Das Duo hat eine aus Salz gefertigte Kopie im österreichischen Wald als Leckstein platziert. Mit Videos dokumentieren Sie die Interaktion unterschiedlicher Tiere mit der offenbar sehr willkommenen Salzquelle. Dabei zeigt die Arbeit eine trotz der Holznutzung relativ intakte Natur. Wesentlich zerstörter präsentieren sich die Wälder, die Richard Mosse mit einer Kameradrohne aufnimmt und das Eindringen von Plantagen in die natürliche Ordnung aufzeigt. Ähnlich der Ansatz von Oliver Ressler in The path is never the same, einem Film zu einem der letzten Primärwälder Deutschlands, dem Hambacher Forst in Deutschland. Der durch eine gigantische Braunkohlenmine gefährdete Wald wurde zum Sinnbild der Klimaproteste und noch heute leben Aktivist:innen in und zwischen den Bäumen in Einklang mit der Natur während in unmittelbarer Nähe die Bagger dröhnen.

Dass selbst die Pflanzung neuer Wälder große Probleme mit sich bringen kann, belegt das künstlerische Forschungsprojekt Footprints in the Valley von Eline Benjaminsen & Elias Kimaiyo. Benjaminsen hat von einem britischen Emissionshändler eine Tonne CO₂ „gekauft“. Dafür wurde ein Baum im Rahmen eines Aufforstungsprojekts in Kenya gepflanzt. Was auf den ersten Blick positiv erscheint, hat allerdings massive Auswirkungen auf die indigene Sengwer-Bevölkerung, die von ihrem Land vertrieben werden. Den komplexen Verbindungen der Wurzelsysteme des Waldes spürt Diana Scherer hinterher. In ihrer Arbeit manipuliert sie das Wachstum von Pflanzenwurzeln um damit komplexe biologische Muster zu schaffen. Sie manipuliert die Wurzeln und zwingt sie mit vorgefertigten Schablonen zu diesem Wachstum.

In Österreich nimmt die Waldfläche jedes Jahr um rund 3200 Fußballfelder zu, gleichzeitig werden aber Flächen in der Dimension von 7300 Fußballfeldern versiegelt, etwa für Straße und Einkaufszentren. Und der Wald wächst auch nicht wirklich, zumindest hat der WWF festgestellt, dass die Anzahl der Bäume annähernd gleich bleibt, da ja auch wieder Nutzholz entnommen wird. International sind besonders alte Urwälder von Abholzung bedroht.

Into the Woods ist keine Anklage, sondern ein teils sensibler und erhellender Parcours über das Verhältnis unserer (westlichen) Zivilisation und Wirtschaftspolitik zum Ökosystem Wald.

Mehr Texte von Werner Remm

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Into The Woods - Annäherungen an das Ökosystem Wald
06.04 - 11.08.2024

KunstHausWien
1030 Wien, Untere Weißgerberstraße 13
Tel: +43 1 712 04 95 0, Fax: +43 1 712 04 94
Email: office@kunsthauswien.com
http://www.kunsthauswien.com
Öffnungszeiten: Opening Days 29.02.-3.3.2024


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