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Gudrun Kampl - Sag Baby zu mir: Externalisiert

Es nützt nichts. Irgendwann muss man einfach raus und weg. Auch wenns schwer fällt. Eine schwierige Phase in unserem frühkindlichen Dasein tritt ein, wenn wir uns von unserer Mutter lösen müssen. Dabei helfen sogenannte "Übergangsobjekte", wie der amerikanische Kinderpsychologe Donald W. Winnicott in den frühen 70er-Jahren feststellte. Ein solcher Seelentröster kann eine Decke, ein Polster - oder auch ein Teddybär sein. So können die kleinen Psychos die "verinnerlichte Repräsentanz der Mutter externalisieren". Also das Innere nach außen wenden, um sich davon zu verabschieden. Der Teddybär begegnet uns immer wieder in der plüschigen Ausstellung "Sag Baby zu mir" der 1964 in Klagenfurt geborenen Gudrun Kampl. Sitzt sozialisend zu dritt auf einer filigranen Schaukel oder lümmelt behäbig in einer Ecke. Weich und hart zugleich: wattiges Material glänzt schwarz metallisch - in der gesamten Installation eher eine Ausnahme, sind doch die meisten Objekte in irgendeinem Rosaton gehalten. Und aus Samt. Dieser greift sich nämlich, erzählt Gudrun Kampl, so ähnlich wie Innereien an. Ein scherenschnittartiges Objekt gruppiert ornamental kleine Niernderln. Frei nach Winnicott: Externalisierung Nummer eins. Auf einem Kleiderhaken hängt ein sogenannter "Strampelanzug". Ganz kleinkindkompatibel ist er nicht: erstens eher Erwachsenengröße, zweitens mit Knöchelchen statt Knöpfchen. Ein schwammiger, runder Sitzpolster hat auf seiner Sitzfläche ein gemaltes Bild, das den Querschnitt des Rumpfes darstellt, also eine hypothetische Röntgenabbildung des Sitzenden. Und dann gibt es natürlich noch die Nabelschnüre, die Herzen und die undefinierte Masse, die für den Embryo steht - es wird in einem fort das Innere nach außen gekehrt. Ob Gudrun Kampls Arbeiten wirklich ironisch sind, wie sie oft gelesen werden? Dafür erscheinen sie - trotz formaler Verspieltheit - zu aufgeladen, manchmal zu didaktisch. Eine subtile Bedrohung geht von den samtenen Gegenständen aus. Eher darin scheint die Qualität von Gudrun Kampls Arbeiten zu liegen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Gudrun Kampl - Sag Baby zu mir
16.04 - 04.06.2004

Kunsthandel Steinek
1010 Wien, Elisabethstraße 24
Tel: +43 1 512 87 59, Fax: +43 1 512 87 59
Email: galerie@steinek.at
http://www.galerie.steinek.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 11-17


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