Marlene Bart - Ordnungswut: Die Ordnung der Dinge
Wär's ein Kätzchen gewesen, wäre die Prinzessin aus dem Märchen wohl weniger abgeneigt gewesen, ihm die Freundschaft zu schenken. Aber es war eben ein garstiger Frosch. In der Hierarchie der Tiere steht der Frosch ungefähr auf gleicher Stufe mit der Schlange, oder den Käfern: ziemlich weit unten. Grund dafür sind zu einem nicht unwesentlichen Teil gerade solche tradierten Geschichten. Die Natur kennt kein schön und kein hässlich, keinen Rang, diese Kategorien kommen vom Menschen, von Wissenschaftlern und Künstlern, die der Natur eine Ordnung überstülp(t)en. Marlene Barts Arbeiten stellen einen Versuch dar, diese Ordnung ein Stück weit auf den Kopf zu stellen. Da kann man sich gar nicht entscheiden, welcher Käfer, Frosch oder Skorpion der Schönste ist.
Was in der Ausstellung "Ordnungswut" an Objekten versammelt ist, beschränkt sich dabei längst nicht auf Tierisches. Unter den in Vitrinen platzierten, und sich auftürmenden Modellen aus prächtigem Glas, Porzellan oder Kunststoff finden sich auch: ein künstliches Gebiss der Künstlerin; ein regenbogenbunter Bohrer; geometrische Strukturen; und allerlei anderes, der Welt sind keine Grenzen gesetzt.
Mit dem turmartigen Aufbau referiert Bart auf hierarchisierende Mechanismen, nach denen die Wissenschaften die Welt aufteilen, gewichten und ordnen. Mit der prominenten Innenkonstruktion aus Schläuchen und Lichtröhren, die die Objekte in Szene setzen, ist ein weiterer Hinweis auf Prinzipien gegeben, die jede Art der Wissensproduktion begleiten. Diesen soll hier Widerstand geleistet werden, indem sie sichtbar gemacht und zum Teil ad absurdum geführt werden, so taucht zum Beispiel der gleiche gläserne Schädel eines Marders an zwei Stellen, auf zwei Stufen auf.
Ausgehend von einer intensiven Beschäftigung mit Enzyklopädien als Symptomen der Moderne, aus denen der Anspruch spricht, sich die Welt untertan zu machen, sie wissend zu besitzen, gelangt Bart zu einer Art Kunstkammer, der die Faszination erhalten geblieben ist - für den Liebestanz von Käfern, oder die Struktur von Bienenwaben, oder Handwerkskunst -, die dabei aber offen bleibt für nicht-menschliche Perspektiven und Wertesysteme.
Dass sich seit über 50 Jahren Künstler:innen vom Foucault'schen Gedanken fasziniert zeigen, beweist das Potential seines Werks, aber auch, dass es unglaublich schwer scheint, aus der Theorie eine Praxis zu machen. Neue Technologie kann da ein Stück weit Beihilfe schaffen. Und so sind die Ausstellungsstücke auch in eine virtuelle Umgebung übertragen, in der starre Ordnungssysteme ins Fließen geraten.
09.02 - 16.03.2024
Galerie Peter Gaugy
1150 Wien, Goldschlagstraße 106
Email: info@petergaugy.com
https://www.petergaugy.com
Öffnungszeiten: Mi-Sa 11-18 h