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Jakob Kolding: Shadow Architectures: Die Spur der Steine

Collagierte Ausschnitte aus Zeitschriften, Fotografien verwebt mit Texten, Personen arrangiert im Raum sowie Bühnenbilder sind zentrale künstlerische Verfahren und Inhalte des 1971 geborenen dänischen Künstlers Jakob Kolding, der in Berlin lebt und arbeitet. Derzeit ist seine sechste Einzelausstellung unter dem Titel „shadow architectures“ bei Martin Janda in Wien zu sehen.

Arbeiten von Kolding waren in den vergangenen Jahren immer wieder in Österreich zu sehen: 2019 zuletzt bei Martin Janda, 2018 im Salzburger Kunstverein und 2017 mit einem Bühnenbild für die Oper „To the Lighthouse“ bei den Festspielen in Bregenz.
Kolding zeigt hier bei Martin Janda seine Auseinandersetzung mit dem genius loci der modernen österreichischen Architektur.

In der Galerie hängen in kleinen Formaten Papiercollagen, meist in gedeckten Farben wie schwarz, weiß oder stahlblau, die als Sukkus österreichischer Architekturgeschichte gelten können. Bei Koldings Recherche zu Bauten des österreichischen Architekten Richard Neutra fragte ihn die Suchmaschine: „did you mean: are there any neutral buildings in Austria?“ Diese an sich widersinnige Frage eines Algorithmus nahm Kolding zum Ausgangspunkt seiner Recherche zur österreichischen Architekturgeschichte.

Die Frage nach neutraler Architektur lässt sich leicht beantworten und Kolding antwortet darauf künstlerisch. Er druckte Abbildungen von Gebäuden von Richard Neutra aus und collagierte sie mit Gebäudeausschnitten von Roland Rainer. Beide Abbildungen verfremdete er stark, sodass oftmals nur ein Gerüst beziehungsweise ein kleines Detail des Baues zu sehen ist. Sowohl Neutra als auch Rainer sind der österreichischen Moderne verpflichtet. Neutra ging schon in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts nach Amerika und später wurde er im österreichischen Nationalsozialismus auf Grund seiner jüdischen Herkunft geschmäht. Roland Rainer hingegen verblieb in Wien, wurde Parteimitglied und war gesellschaftlich als Architekt engagiert. Seine modernistische Architektur und die Propagierung des Einfamilienhauses passte offensichtlich in die Programmatik der Nazis.

Diese versteckte Historie bringt Kolding in seinen Arbeiten zur Sprache. Die collagierten Raumausschnitte wirken als bildeten sie einen einheitlichen Raum ab. Diese „hidden agenda“, die „shadow architectures“ interessieren Kolding und er untersucht das Spannungsverhältnis zwischen den beiden zitieren Architekturen. Die kleinen Papierarbeiten haben eine gewisse Tiefe und wirken wie verkleinerte durchkomponierte Bühnenbilder.  

Die spannende Frage ist, ob sich Geschichte nachfühlen lässt. Ob aus Gebäudekomplexen, architektonischen Resten Gewesenes imaginiert werden kann. Mit der virtuellen Realität gelingt uns das längst. Hier in der Ausstellung ist die Frage, ob es sich künstlerisch verdichten und erfahrbar machen lässt.

Kolding setzt sich in der Ausstellung in zwei großformatigen Hommagen auch mit Hans Hollein auseinander. Einmal ist es die Arbeit „Fine Time“ in der große Pillen zu sehen sind, die auf das Werk „architecture“ von Hans Hollein verweisen.
Bei „Kinderwolken“ sind es bunte Federn und Spraydosen, deren Inhalt der „Verfestigung der Wirklichkeit“ dienen. Auch sie beziehen sich auf Hollein Strategie der Kunst als Behauptung.

Es wäre schön gewesen, wenn Jakob Kolding auch nach weiblichen österreichischen Positionen gesucht hätte. Mit Margarethe Schütte-Lihotzky hätte er eine vielseitige architektonische Vertreterin mit einer spannenden Biografie gefunden.

Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Jakob Kolding: Shadow Architectures
19.01 - 24.02.2024

Galerie Martin Janda
1010 Wien, Eschenbachgasse 11
Tel: +43 1 585 73 71, Fax: +43 1 585 73 72
Email: galerie@martinjanda.at
http://www.martinjanda.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa: 11-16h


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