Belinda Kazeem-Kamiński - Strike a Pose: Von der Kanzel herab
Kommentar zur Eröffnungsrede im JesuitenFoyer zur Ausstellung der Gewinnerin des Otto Mauer-Preises, Belinda Kazeem-Kamiński
Vorne stand einer und sprach wie von einer Kanzel herab. Er erklärte uns, wie Kindern, die fatale Arroganz, die aus den Fotos eines Ethnologen und Missionaren sprach und weiße Männer auf ihren "Expeditionsreisen" ins damalige Belgisch-Kongo gemeinsam mit dort lebenden, "entdeckten", Menschen zeigten. Er erklärte uns, wie die Balken in den Farben der heutigen Nationalflagge der Demokratischen Republik Kongo, die von der Künstlerin Belinda Kazeem-Kamiński über die Bilder gelegt worden waren, dazu dienten den erniedrigenden Blick auf die Personen zu verhindern und gerade durch eine Geste der Verhinderung von Wahrnehmung diesen - den Blick - deutlich machten.
Die Fotos waren in Schwarz-Weiß, die Männer in lustigen alten Kleidern, und das alles schien Teil einer weit entfernten Vergangenheit. Niemand konnte sich ernsthaft verantwortlich fühlen. Aber ein Rest Unbehagen verblieb doch, beim Sehen dieser Bilder, und sei es nur aus Anstand. Unnötig zu erwähnen, dass die Mehrheit von uns Anwesenden weiß war. Der Hauch von Schuld war abstrakt, und auch ein bisschen geil. Das hier war ein unfaires Spiel: Wir verlangten nach Absolution im Namen eines Anderen. Und sie wurde uns gewährt. Wir waren hier, wir verstanden, und so waren wir nicht mehr verstört.
"Die Kunst von Belinda Kazeem-Kamiński ist weder anklagend noch verurteilend." Wirklich nicht? Vielleicht, wenn man das Aufzeigen historischer Verweigerungen von Existenzrechten in die subatomare Sphäre verschiebt, wie es der Vergleich mit der Heisenbergschen Unschärferelation zur Illustration des Effekts eines Blickens nahelegte.
Wie mächtig die Gesten der Künstlerin, die Umkehrung von Groß und Klein, von Forschenden und Forschungsobjekt. Wie toll, dass sich ihre aus dem Fernseher kommende Stimme während der Eröffnungsrede Gustav Schörghofers, Vorsitzender der Jury des Msgr. Otto Mauer-Preises, nicht leiser stellen ließ. Wie passend, dass über sie hinweg gesprochen wurde. Wie peinlich, dass der Akzent, der zum Namen der gewürdigten Künstlerin gehört, handschriftlich auf den Kopien des Ausstellungstexts nachgetragen worden war. Wie tröstlich, dass das alles schon so lange zurücklag. Wie treffend der Mann, der sich heranschlich, die Kamera auf die Künstlerin richtete, und wieder verschwand.
12.01 - 04.02.2024
JesuitenFoyer
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Öffnungszeiten: Mo-Di 16-19, So 12-13 h