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Rūtė Merk – Moments: Das Sediment von instagrammable

Rūtė Merk hat ein Faible für banale Bildmotive. Die Münchner Galerie beacon zeigt aktuell Ölbilder der litauischen Malerin, die als Stimme der Millennial-Generation gehandelt wird. Diese Zuschreibung brachte ihr schon die Aufmerksamkeit der Recherchegeschwader von Balenciaga und eine Kooperation mit dem Modehaus ein. Auf einem der Bilder ist eine Orchidee im Topf zu sehen, ein anderes zeigt eine Rückenfigur vor gleißender Sonnenkugel, auf einem dritten sind ein paar an Besonderheit nicht zu unterbietenden Früchte neben einer Tasse Cappuccino, mit Herzgruß im Milchschaum, arrangiert. Ein immer gleiches Rezept bestimmt den Bildaufbau aus flachen, diffusen Gründen mit scharf davon abgesetzten Objekten in der Mitte der Leinwände. Malerkrepp plus Sfumato, ein Figur-Grund Verhältnis der Verhältnislosigkeit, Videospiel-Ästhetik.

Das Besondere ist, dass dieser Orchidee genauso viel Seelentiefe eingemalt ist, wie der geschlechtslosen Figur mit den Kopfhörern, dass sich in den blauen Blüten der Topfpflanze Natur und Künstlichkeit so bruchlos zusammenfügen, oder dass im sicher gezogenen Strich der Modellierung die Handschrift alter Meister durchscheint. Selbst durch den Faltenwurf der beigefarbenen leisure-style Hose geht ein Licht, wie es sich der Vorstellung nach über die Tuniken der Philosophen auf griechischen Agoras gelegt hat und in der inneren Ruhe der Figuren eine Madonna anklingt.

Für Merk ist die Unterscheidung menschlichen und nicht-menschlichen Lebens keine. Es scheint das Natürlichste der Welt, Menschen wie Avatare zu malen. Sie trifft damit die Hybridisierung des Menschen genauso wie den modernen Animismus, der dem Virtuellen Lebendigkeit zuschreibt. Als Portraitistin fängt sie diese Facetten in menschlichen wie nicht-menschlichen Figuren ein. Und gibt einen Seelenzustand von Isolation, Durchlässigkeit, und Fragmentierung wieder, durchdrungen von einer vage, aber dennoch kraftvoll artikulierten Sehnsucht, die manchmal flach anmutet wie die unreflektierte Ästhetik bürgerlichen Minimalismus, die aber doch einen Punkt trifft. Die Malereien mit dem Prädikat instagrammable abzutun, träfe den Punkt dagegen nicht, obwohl sie sich aus der Bildsprache Instagrams speisen. Vielmehr fangen sie die Essenz dessen ein, was der instagrammablen Bildsprache zu Grunde liegt.

Mehr Texte von Victor Cos Ortega

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Rūtė Merk – Moments
10.10 - 08.12.2023

beacon
80538 München, Liebherrstrasse 8
Email: info@beacon-art.com
https://beacon-art.com
Öffnungszeiten: Di-Do 13-18, Sa nach Vereinbarung


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