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Alte Meister

Avanciert ist anders. Wenn in der kommenden Woche die Albertina Rembrandt eröffnet, das neue Liechtenstein Museum sich auf einen Boom von Wien als Barockstadt freut und das Kunsthistorische, seiner Widmung immerhin gemäß, mit Giorgione prunkt, während das MAK mit der Wiener Werkstätte soviel Besucher auf einmal hat, wie sonst mit mitternächtlichen Öffnungszeiten und freien Eintritten am Samstag zwei Jahre lang nicht, und das Obere Belvedere seinen "Stimmungsimpressionismus" mit 2.000 Vernissagen-Besuchern aus allen Goldrahmen platzen ließ. Wenn und während dies also passiert, schaut die Aktualität mit dem Ofenrohr ins Gebirge sich auftürmender Geschichtsbeflissenheit. Dafür hält in der Albertina der Landeshauptmann und Bürgermeister Häupl die Honneurs ab, beim Liechtenstein lässt sich naturgemäß der Besitzer und Chef einer souveränen Nation Hans Adam II vernehmen, und im KHM spricht die Frau Außenminister der Republik, die sich wie zufällig momentan auch im Wahlkampf befindet. Gerade hierzulande geht das Ästhetische dem Politischen im Namen des Institutionellen rasch auf den Leim, und womöglich vollendet sich in dem wieder sehr präsenten Faible für das gut Abgehangene ein wunderbarer Kreis. Schönheit führt zu Liebe führt zu Heirat führt zu Nachwuchs führt zu Angst vor der Zukunft führt zur Wahl einer der pfründeverwaltenden Parteien führt zum Musealen führt zur Bestätigung herkömmlicher Vorstellungen von Schönheit. So oder so ähnlich funktioniert der Mechanismus, und schnell schließen sich die Alten Meister mit den Meistern des Alten kurz. Die Frau Minister für Bildung und Wissenschaft gibt sich in dieser Woche im MUMOK die Ehre und eröffnet dort eine Ausstellung, die unter dem Label "Porträts" und mit den Namen Picasso, Bacon, Warhol im Titel ein schwaches Lichtlein für das Neuere anzündet. Immerhin dieses Haus, so könnte man meinen, ist sich nicht zu schade für die Avantgarde, und es ist ihr allein per Widmung ja auch verpflichtet ist. Doch was man ab Donnerstag zeigt, ist ausschließlich Besitzstand, ist die Neugruppierung der Sammlung unter einem bestimmten Aspekt. Durchaus interessant womöglich, mutmaßlich auch gelungen, aber nicht minder retrospektiv. Auch hier also feister Konservativismus. "Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben", nannte Fieidrich Nietzsche einst seine Warnung vor allzu viel Historismus im Dasein seines Jahrhunderts. Sein Plädoyer gegen die, wie er es nannte, pure "Dekoration des Lebens" im Kulturellen, stand unter dem Rubrum einer "unzeitgemässen Betrachtung". Genau dieses Wort dürfen wir den hiesigen Museen mit auf den Weg in den Eröffnungstrubel geben. Den Betrachtungen, die sie mit ihren Ausstellungen ermöglichen, droht allzu deutlich das Unzeitgemäße.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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