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Nika Kupyrova erhält den Kardinal König Kunstpreis 2023

Die in Prag aufgewachsene und seit 2010 in Wien lebende Künstlerin ist für ihre transmedialen Installationen bekannt. Inhaltlich subtil verhandelt sie Themen wie soziale Rollen, digitale Kultur, Feminismus und ebenso die Frage nach gesellschaftlichen Zuschreibungen einst und heute. Ihre kunstvoll inszenierten Zukunftsszenarien und alternativen Realitäten beruhen in vielen Fällen auf literarischen Hintergründen.
In Kupyrovas Ausstellungsräumen bevölkern von ihr händisch gefertigte, jedoch industriell anmutende Gegenstände, Videos und Fotografien die Bühne, die narrative Strukturen und Beziehungen zueinander gleich jenen der Protagonist:innen eines Bühnenstücks abbilden. Die Rolle des Originals und des Objekts, welches als Vorlage dient, wird behutsam hinterfragt und öffnet den Raum für mannigfaltige Interpretationen.
Nika Kupyrova (geb. 1985 in Kiew) studierte Malerei und transdisziplinäre Kunst in Island, Edinburgh und Wien, wo sie 2016 an der Universität für Angewandte Kunst diplomierte. Seither ist sie kuratorisch in unterschiedlichen Galerien und Museen tätig (2022 MUSA Museum Wien). Atelierstipendien führten sie nach Deutschland (2009), Tschechien (2010), Zypern (2016) und nach Italien (2017). In zahlreichen Gruppen und Einzelausstellungen ist sie seit 2010 europaweit vertreten (2023 PRAM, Prag, 2018 MUSA Wien)

Die mit dem Kardinal König Kunstpreis ausgezeichnete Arbeit Woman in Green (2022) ist als Mixed-Media-Installation konzipiert. Sie besteht aus mehreren, aus Stahlblech geformten, mittels Kletterseilen von Decke oder Wand abgehängten, frei im Raum schwebenden oder am Boden liegenden flachen Skulpturen sowie vier aus Beton und gebogenen, lackierten Stahlrohren bestehenden Objekten, vier gerahmten Farbfotografien und einer Videoinstallation.
Agatha Christies „The Hollow (1946) ” [dt. „Das Eulenhaus”] ist Inspiration und Bezugspunkt für Nika Kupyrovas Werk. Der Roman - Krimi und feministische Untersuchung der klassischen Rollenbilder des beginnenden 19. Jahrhunderts zugleich - faszinierte die junge Nika, besonders Christies Beschreibung der Bildhauerin Henrietta Savernake. Das Video nimmt Bezug auf ebendiese: wir sehen einer Frau beim Schnitzen von Kreide zu. Ihre Bewegungen sind unterlegt mit einem inneren Monolog Henriettas aus dem Roman. Die abgeschabten, grünen Kreidestücke aus dem Video finden sich in der Installation als am Boden auf einer flachen Stahlblechskulptur liegender „Blütenstaub” wieder. Bei näherer Betrachtung erkennt man formale Zusammenhänge der Skulpturen mit den an der Wand montierten Farbfotografien exotischer Orchideen – ein Faszinosum für die englische Oberschicht im 19. Jahrhundert. Die Farbfotografien sind mit rosa Sprayfarbe überlagert: Das Verschwinden der Einzigartigkeit und somit die Gleichschaltung der außergewöhnlichen Pflanzen könnte auch als Metapher für die Protagonist:innen des Romans verstanden werden. Die seltsam anmutenden Betonskulpturen stellen sich als handtaschenähnliche Behältnisse heraus, die ihrer Funktion beraubt wurden.

Eingesperrt in ihre sozialen Rollen, wird von den Frauen in Agatha Christies Roman „The Hollow” erwartet, sich den Konventionen entsprechend zu verhalten. „Die Künstlerin als performative Figur”, so Nika Kupyrova, wird von ihr hinterfragt und erprobt. Woman in Green ist eine Erkundung der Mythologisierung einer Künstlerinnenfigur. In einer Welt, in der der Schein oft mehr zählt als das Sein, ist das hochaktuelle Werk Spiegel der Gesellschaft und Überprüfung des eigenen Seins zugleich.

Begründung der Jury
Nika Kupyrova schafft inhaltlich und formal überzeugende, raumgreifende Installationen, in denen Fotografie, Skulptur und Video miteinander vernetzt sind. Die Künstlerin bezieht sich damit auf aktuelle gesellschaftspolitische Themen, fragt nach deren geschichtlichen Grundlagen oder nach ihrer eigenen Rolle als Künstlerin im Kontext kunstbetrieblicher Vorgaben. Sie hinterfragt dabei nicht nur stereotype Geschlechterrollen und -hierarchien, wie sie etwa die Filmindustrie vermittelt, sondern unterläuft auch konventionelle Wertehierarchien in Bezug auf die unterschiedlichen künstlerischen Medien. So überträgt sie in einigen ihrer Arbeiten der Fotografie, die meist als bloße Kopie oder Dokumentationsmaterial originaler Dinge betrachtet wird, die Rolle des Originals und des Objekts, das der Skulptur als Vorlage dient. Sie treibt damit ein bewusst irritierendes Spiel über das Verhältnis von Original, Unikat und Nachahmung. Ihre Arbeiten integrieren die Betrachter:innen in ein räumliches Setting, das eingeübte Sichtweisen in Frage stellt bzw. die Reflexion darüber in Gang setzt. Die in der Gesellschaft durch den Konsum von digitalen Bildern, Social Media und virtuellen Welten zusehends untergrabene Auseinandersetzung mit realer Räumlichkeit ist eine der oft verkannten und verinnerlichten Realitäten, die Kupyrova mit ihren Arbeiten wieder ins Bewusstsein hebt. Konzeptuell und sinnlich zugleich, schließt ihr Werk in sich ein kritisches Potenzial, das auch in einer (selbst)ironischen Haltung gründet. Das sprachanalytische Interesse der Künstlerin erweist sich nicht zuletzt in den modulartig ineinandergreifenden und einander codierenden Bildern und Objekten, die sich - Wörtern und Sätzen - vergleichbar, der Betrachtung und Deutung öffnen.

Der Jury 2023 gehörten Dr. Rainer Fuchs (Chefkurator Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig – mumok), Mag. Harald Krejči (Direktor Museum der Moderne Salzburg), MMMag. Hubert Nitsch (Kurator, Diözesankonservator), Mag. Hemma Schmutz (Direktorin der Museen der Stadt Linz) Kunstmuseum Linz), Mag. Nina Tabassomi (Direktorin Taxispalais Kunsthalle Tirol, Innsbruck) an.

Eine mit dem Preis verbundene Ausstellung ist von 28. November 2023 bis 29. Jänner 2022 im Kunstraum St. Virgil, Salzburg zu sehen.

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