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Helmuth Gsöllpointner - Stahlstadt: Der Raumerweiterer

„Die Figur war schon in dem rohen Stein drin. Ich musste nur noch alles Überflüssige wegschlagen.“, soll Michelangelo auf die Frage, wie er denn vom rohen Stein zur fertigen Skulptur komme, geantwortet haben. „Bei Michelangelo ist es immer nur eine Figur, bei mir aber sind es unendlich viele“, soll wiederum Helmuth Gsöllpointner dieses Zitat anlässlich seiner großen Ausstellung im MAK im Jahr 2003 für sich weiter gesponnen haben.

Das Schlossmuseum Linz widmet dem in der Stahlstadt lebenden Metallplastiker eine Studioausstellung anlässlich seines 90. Geburtstages. Ausgebildet als Stahlschneider und Graveur an der Steyrer Stahlschnittschule (heute eine HTL) ging Gsöllpointner an die Universität für angewandte Kunst Wien, wo er bei Eugen Mayer Metallplastik und Industrieformgebung studierte. In Linz erhielt er 1956 bei der VÖST eine Anstellung in der neugegründeten Abteilung für Metallplastik und fertigte vor allem kleine Kunstobjekte die als Werbegeschenke der Stahlfabrik an bedeutende Personen verschenkt wurden. Die kleine Form konnte den künstlerischen Gestaltungswillen Helmuth Gsöllpointners allerdings nicht befriedigen und er begann, skulpturale Formen mit größeren Gussfomen zu entwickeln. Der von Bronze oder Stahl zu füllende Negativraum einer Plastik und der aus dem umgebenden Material geschnittene Rohling führten Gsöllpointner zur Entwicklung seiner expansiven Teleskop-Plastiken. Von kleinen Schmuckstücken bis zu mehreren Meter hohen Skulpturen lotete er die Möglichkeiten der räumlichen Gestaltung aus, in dem er eine Grundform durch präzise und hochkomplexe Schnitttechniken in ihrem Inneren in weitere Formen zerteilt, die dann aus der Grundform wie bei einem Teleskop ausgefahren werden können.

Helmuth Gsöllpointner wirkt aber nicht nur als Bildhauer, sondern wurde für die kulturelle Entwicklung der Stadt Linz zu einer prägenden Figur. Er unterrichtete zuerst in den Lehrwerkstätten der VÖST, wurde Leiter der neu gegründeten Meisterklasse für Metallplastik und Industrieformgebung an der Kunstschule Linz die schließlich zur Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung wurde. Gsöllpointner war Professor und Stellvertreter des Rektors (1973 bis 2001) und dazwischen von 1977 bis 1981 selbst Rektor. Im Zuge der Diskussionen um das kulturelle Selbstverständnis der Stadt Linz entwickelte er 1977 für die Stahlstadt gemeinsam mit Peter Baum das Forum Metall, im Rahmen dessen Skulpturen nationaler wie internationaler Künstler wie Herbert Bayer, Donald Judd, Günther Uecker und Haus-Rucker-Co entlang der Donau und im Stadtraum platziert wurden, wo sie zum Teil heute noch zu finden sind. 1980 folgte dann das gemeinsam mit Angela Hareiter, Laurids Ortner und Peter Baum konzipierte Forum Design und schließlich initiierte er 1987 die Großausstellung Schmuck – Zeichen am Körper. Er führte Aufträge für Skulpturen im öffentlichen Raum u.a. in Linz, Moskau und Johannesburg aus.

Bis heute ist Helmuth Gsöllpointner ein interessierter Suchender im Feld der Skulptur und Gestaltung geblieben und hat für seine aktuelle Ausstellung im Schlossmuseum Linz eine neue Skulpturengruppe entwickelt, in der er die geschlossene Form zugunsten einer offenen Struktur aufgibt und neue Blickwinkel in seiner Auseinandersetzung mit der skulpturalen Form eröffnet.

Mehr Texte von Werner Remm

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Helmuth Gsöllpointner - Stahlstadt
30.09.2023 - 10.03.2024

Schlossmuseum Linz
4020 Linz, Schlossberg 1
Tel: +43-732 77 20-52502
Email: info@ooelkg.at
http://www.ooekultur.at
Öffnungszeiten: Di-So, Fei 10-18 h


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